Orgel und Klarinette harmonierten in der Johanneskirche
Wenn der in Argentinien 1936 geborene Klarinettist und Komponist Giora Feidman mit dem aus Dresden stammenden Organisten Matthias Eisenberg in der Johanneskirche auftritt, haben die Organisatoren der Hoyerswerdaer Musikfesttage Weltkünstler verpflichtet. Entsprechend hatte das Konzert Musikliebhaber aus Bautzen, Kamenz und natürlich der Gastgeberstadt angelockt, die das Gotteshaus bis auf den letzten Platz füllten. Sie durften Kompositionen von Johann Sebastian Bach bis Max Bruch, von Samuel Bugatch bis zu bekannten Traditionals genießen.
Giora Feidman teilte dem Publikum schon mit dem ersten, von seiner Frau Ora Bat Chaim komponierten und von ihm solistisch gespielten Stück „Together“ die Botschaft des Abends mit. Versöhnung der Juden mit den Christen und Frieden allen Menschen, egal wo sie leben. Mit wenigen leisen Klängen hatte Feidman das Publikum gewonnen und nun stellte sich Matthias Eisenberg an der Eule-Orgel vor. Bei der Cantilene von Joseph Rheinberger entlocke er dem Instrument weiche fließende, ruhige Klänge. Als er die bekannte Toccata und Fuge in D-Moll von Bach spielte, füllte er die Kirche mit mächtiger, streng in der Fugenform komponierter Musik und zeigte seine Virtuosität bei der Intonation schneller Läufe. Matthias Eisenberg liebt die klaren Formen Bachscher Kompositionen, denn Musik ist für ihn "eine sehr realistische Kunst, bei der man mit den Füßen auf dem Boden bleiben soll."
Mit dem umfassenden Wort Lebensnähe lässt sich jenes Gefühl beschreiben, das beide Virtuosen gemeinsam während des Konzertes erzeugten. Mit dem von Scott Joplin für Piano geschriebenen Ragtime The Entertainer haben sie fröhliche Jahrmarktatmosphäre in das Gotteshaus hineingeholt. Das Stück des jüdischen Komponisten Ziggy Elman "And the Angels sing" zeigte den Zuhörern den ungebrochenen Lebenswillen des Volkes, in dessen Schicksal freudige Momente oft mit Trauer und Tränen verbunden waren. Feidmann ließ sein Instrument Lachen und Jubilieren, binnen weniger Takte brachte es aber auch kunstvoll zum Flüstern und Klagen. Er spielte die Melodien seinem ebenbürtigen Partner Matthias Eisenberg zu, der sie an der Orgel weiterentwickelte und es entstand eine musikalische Einheit zweier perfekt aufeinander abgestimmter Künstler.
Mit dem von Max Bruch vertonten jüdischen Gebet Kol Nidrej schufen sie einen Moment der Ruhe und bewegten das Publikum zum Nachdenken über die vielen kriegerischen Konflikte in der Welt. Das von Giora Feidman auf der Klarinette gespielte Shalom Chaverim, das alle Anwesenden mitsangen, bewies, wie einfach Musik eine gemeinsame Sprache schaffen und ganz unkompliziert zwei Weltreligionen miteinander verbinden kann. Standing Ovations, nicht enden wollender Beifall und Zugaben bestimmten das Ende eines großen Höhepunktes der Musikfesttage 2016.