Zu Gast am Kamin waren der Domowina-Verlag Bautzen und das Deutsch-Sorbische Volkstheater Bautzen mit einem Leseabend zu Sorbischen Fabeln von Handrij Zejler (1804-1872).

Janina Brankatschk und Benno Mahr

Was fällt uns alles bei dem Begriff Fabel ein?
Da kennen wir den Fabeldichter des Altertums Äsop und den französischen Dichter La Fontaine, sicherlich Herrn Lessing aus Kamenz und wir erinnern uns an Fabelwesen und Fabeltiere und vielleicht auch daran, dass Herr Goethe „vom Mütterchen die Frohnatur und Lust zum Fabulieren“ geerbt hatte.
Aber seit dem Leseabend vom 2. Mai 2005 in Hoyerswerda werden die Zuhörer mit Sicherheit den Namen Handrij Zejler hinzufügen. Handrij Zejler, dessen Geburttag sich 2004 zum 200. Mal jährte und der in Bautzen und Lohsa lebte.
Laut Lexikon laufen die Fabeln meist auf eine moralische, religiöse oder praktische Belehrung hinaus. Diesen Eindruck hatte ich bei den brillant von Janina Brankatschk und Benno Mahr vorgetragenen Fabeln eigentlich nicht. Die Betonung lag eher auf einer natürlichen Lebensklugheit, betrachtet mit einem lachenden und einem weinenden Auge und gab daher immer wieder zum Schmunzeln Anlass. Zum anderen erstaunte die Aktualität. Immerhin wurden diese Fabeln vor etwa einhundertfünfzig Jahren geschrieben und sind auch heute noch kein bisschen leise.

Es lesen Janina Brankatschk und Benno Mahr vom Theater Bautzen

Beim „betressten Esel“ erfährt man, dass „ob Mensch, ob Esel einerlei, ein Pöstlein steht für jeden frei, der nicht aufs Maul gefallen. Und wer dazu das größte Maul stets führt und es gebraucht nicht faul, am höchsten steigt von allen.“ In der Fabel „Fuchs und Wolf“ wird das Eichhörnchen vom Fuchs mit Schmeicheleien angelockt und anschließend genüsslich verspeist, während der Wolf hungrig zuschauen muss. Ähnlich in der Fabel „ Dem Stärkeren gehört das Recht“: die Mücke wird von der Spinne gefressen, die Spinne vom Fink, der Fink vom Habicht und der Habicht wird vom Jäger getötet. „Und wo die Herrschaft des Stärkeren kann bestehn, wird das Unrecht nie zu Ende gehn.“ Die aktuellste Nachricht aber offenbarte die Fabel „Der wunderliche Landtag“. „Einst hielten Landtag nah beim Mist die Hühner, Gänse, Enten. Am meisten schnatterte die Gans, das Huhn dagegen gackert´, die Ente wackelt mit dem Schwanz und vor sich hin nur quackert’… Der Landtag ist kein Tummelplatz für Toren, die nur schwätzen; wem nie gelang ein klarer Satz, der red nicht von Gesetzen.“

Handrij Zejler schrieb diese Fabeln in obersorbischer Sprache, übersetzt wurden sie von Kito Lorenz, Jurij Brézan und Albert Wawrik. Und an dieser Stelle darf man ein zweites Mal staunen. Sie haben an Witz und Knappheit nichts verloren. Erschienen sind die Fabeln im Domowina- Verlag Bautzen, der an diesem Abend von Maria Matschie vertreten wurde.

Beim Lesen ist eine Menge Kluges zu erwarten und keiner sollte sich vor des Feindes Freundlichkeit gewappnet dünken, „denn blinder Glaube, Gaben Schmeichelei’n schläfern oft der Sinne Warnung ein. Dünkt mancher sich auch noch so klug, plötzlich fällt er rein auf List und Trug. Wie das alte Sprichwort uns erhellt, jedem ist die Falle aufgestellt.“


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