Gerhart Lampa und seine Bilder - Landschaft Lausitz Leben

Martin Schmidt zur AusstellungseröffnungLaudatio von Martin Schmidt zur Austellungseröffnung in der Energiefabrik Knappenrode (gekürzt)

Gerhart Lampa wurde 1940 in Magdeburg und in den 2. Weltkrieg hineingeboren. Zu Erlebnissen jener Jahre gehörte der Anblick seiner brennenden Geburtsstadt. Einige seiner Bilder zeugen davon - grellrot loderndes Feuer hinter Menschen als dunkle Schatten.
Nach der Schule erlernte der den Beruf eines Gebrauchswerbers und Lithographen. Sein Traum war Pilot zu werden. Dieser Weg endete, als er bei einer Flugübung in Kamenz abstürzte und schwer verletzt wurde. Das Fliegen blieb sein Wunsch. „Oft träume ich vom Fliegen“, leitete er später häufig sein Erinnern ein.
Nach seiner Genesung begann er als Autokranfahrer auf der Großbaustelle Schwarze Pumpe zu arbeiten. Dort begegnete er den Malern Dieter Dreßler und Kurt Heinz Sieger, den Schriftstellern Brigitte Reimann, Siegfried Pitschmann, Volker Braun. Neben der Arbeit suchte er geistigen Austausch, künstlerische Anregung.
Gert Lampa schloss sich – da sich der Zirkel malender Arbeiter in Cottbus traf, er aber in Schichten arbeitete und zu selten daran teilnehmen konnte – dem Arbeitertheater des Kombinates an. Dort wurde seine Liebe zum Zeichnen und Malen erkannt, fortan gestaltete er dafür Kulissen und Dekorationen. In der Freizeit blieb ihm Malen ein beliebter Ausgleich. „Ich malte,“ erzählte er, “damals vor allem Erinnerungsbilder vom Fliegen, Leute auf Baugerüsten, Baustellen und deren Atmosphäre.“
Diese Tätigkeit führte ihn von 1963 bis 1966 zum Theater Cottbus als Bühnenbildassistent. Dem schloss sich ein Studium der Kunsterziehung und Germanistik an der Pädagogischen Hochschule Dresden an. 1970 wurde ihm die Nachfolge des plötzlich verstorbenen Malers Günther Wendt als Leiter des Senftenberger Museums übertragen. Vorher war Gerhart Lampa beim Rat des Kreises Senftenberg und beim Rat des Bezirkes Cottbus tätig, er erarbeitete – auch im Zusammenhang mit seiner Diplomarbeit – eine Konzeption Bau gebundener Kunst für die Neustädte in Senftenberg und anderen Orten. Günther Wendt war in Senftenberg eine geachtete Persönlichkeit in Fragen Bildender Kunst, war Ehrenbürger der Stadt, hatte das Museum aufgebaut. Er war der erste, der die Wandlungen der Lausitzer Landschaft durch die Tagebaue seit 1930 bildnerisch festhielt. Für Gerhart Lampa war diese neue Aufgabe eine große Herausforderung, sowohl im Museum als auch als Maler. Er stellte er sich beidem nicht nur mit Bravour, sondern nahm auch ein Fernstudium der Geschichte an der Humboldt-Universität Berlin auf, um seinen neuen Aufgaben inhaltlich gerecht zu werden. Darin war ihm sein Großvater Vorbild, dessen Wahlspruch der Maler mehrfach anführte: „Die Tugend der Kühnen ist die Beharrlichkeit und die Kraft langen Atems.“
Seit 1980 war Gerhart Lampa freischaffender Maler in Senftenberg, arbeitete ab 1991 zeitweilig am dortigen Theater als Malsaalvorstand, dem folgte eine Honorarprofessur für visuelle Kommunikation an der Fachhochschule Lausitz Senftenberg. Das Zusammenarbeiten mit jungen Leuten schenkte ihm viel Freude. Er folgte dieser Aufgabe bis zu seinem Tod im Jahr 2010, bestärkte uns in Hoyerswerda auch, die Brigitte-Reimann- Wettbewerbe für junge Leute fortzusetzen, nachdem er die Ergebnisse der ersten Ausschreibung gesehen und bewundert hatte.
Die Malerei bestimmt sein Leben, seine Liebe zur Farbe prägte sein Schaffen und seine schöpferische Tätigkeit. Für diese seine Haltung wurde die Begegnung mit dem Maler Heinz Sieger auch inhaltlich bestimmend. Obwohl wesentlich älter als sein Schüler hatte Heinz Sieger sich mühsam seinen eigenen Weg zur Malerei gebahnt. Aus mehreren Studien brachte er die Kenntnis der Dresdener Schule von seinen Lehrern Rudolf Bergander, Erich Fraaß und Wilhelm Lachnit mit. Vermittelte dem jungen Mann die Erfahrungen des Dresdner Spätimpressionismus, der Neuen Sachlichkeit und der hohen Farbkultur Dresdener Malerei des 20.Jahrhunderts und lenkte dessen Blick auf sozial orientierte Motive. Gerhart Lampa lernte die Arbeiten der Berliner Maler Harald Metzkes und Manfred Böttger kennen und schätzen. Sie gingen - wie ihre Lehrer - eigene Wege, erarbeiteten sich eigene Handschriften, Kunst fordert ihr Können heraus. Dieser Haltung folgte auch Gerhart Lampa. Fortan sah er sein Schaffen im Dialog mit diesen Künstlern und weiteren Zeitgenossen. Seine Arbeiten waren sein Beitrag zu diesem Dialog, dem er folgte, als Suchender und Lernender. Gerhart Lampa schloss sich keiner Malschule an, mit seinen Bildern setzte er sich mit der Kunst seiner Zeit auseinander.
Diese Ausstellung gewährt Einblick in einen wichtigen Teil seines umfangreichen Schaffens. Die Dreiheit “Landschaft Lausitz Leben“ folgt dem Anliegen des Ortes Energiefabrik im Verbund des Sächsischen Industriemuseums und einem Hauptanliegen des Malers: Leben in der Lausitzer Landschaft. Sie zeigt einige seiner Bilder und Arbeiten der Jahre von 1988 - 2002.
Bereits seit seinen frühesten Bildern beschäftigten ihn Landschaft, Natur und deren Veränderungen durch die Tagebaue beschäftigen. Die Motive für sein Malen schenkte ihm die Senftenberger Umwelt in reichem Maß. Landschaft faszinierte ihn, ihre Vielfalt in den Jahreszeiten und in den

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Wie in der Musik schafft Lampa aus wenigen Braun– oder Blautönen ein Thema, eine Grundmelodie, einen Grundklang, und entwickelt daraus diesem auf der Fläche nahezu unzählige Mischfarben und gestalterische Variationen Mischung. Von der sichtbaren Natur ausgehend, erarbeitet der Maler ein Bild, das seinem Eindruck von der Situation: – Licht, Schatten, Flächen, Linien entspricht. Er reduziert seine Palette zeitweilig auf wenige Farbklänge, als wollte er deren Möglichkeiten auskosten. Darin erinnert er an Goethes Erkenntnis, dass sich ein Meister erst in der Beschränkung zeige.
Unser Maler war bei aller Lebensfreude und Offenheit ein nachdenklicher Mensch. In den neunziger Jahren entstehen Tagebaubilder und Szenen voller Spannung, sie verbinden Bewegung, Ringen und Nachdenklichkeit nebeneinander.“Abfliegendes Land“(1988), „Steilküste am Senftenberger See“(1992). Die Rippen des geschütteten Abraums bestimmen die Bilder, als herrsche die Unruhe des Schaffensprozesses noch, dies hat für den Maler einen eigenen Zauber. Gerhart Lampa ist kein Chronist, er schafft Bilder seiner emotionalen Eindrücke. In den neunziger Jahren entstanden die Bilder „Ego“(2000), „Aggression“(1995), “Stürzender"(1997), „Schrei“(1997). Die Bilder sind in dunklen Farben gehalten. Weiß wird kleinflächig meist nur für Figuren eingesetzt – die sich bewegen oder aus einer Bewegung, ein er Begegnung hervorgehen. Diese meist weiß gemalten Figuren rhythmisieren das Bild, setzen Schwerpunkte, assoziieren Trennung, Sprung, Wagnis, Weggehen, selten Aufrichten, kein Begegnen. Die Personen stehen beziehungslos hintereinander, abgewandt, wenden sich den Rücken zu. Gerhart Lampa erzählt jedoch keine literarische Geschichten, er weckt Assoziationen, Erinnerungen, doch das Bild lebt von Gestalten von Szenen in dunklen Farben, denen ein Kontrast aus weiß entgegengesetzt wird. Der Maler nimmt auch den alte Mythos von „Kain und Abel“(1995), von dem Brudermord der Bibel auf - ihn bedrückt die Aktualität dieses Themas in heutiger Zeit. Während Abel am Boden zusammengesunken ist, geht Kain im Hintergrund weg, auf eine blutrote Fläche zu, die auch Feuer erinnert. Der Künstler nimmt die Betrachter in seine Sorge um ungelöste Konflikte unserer Zeit hinein. Ihn bewegt: Einsamkeit, Not, Verrat, Trennung usw. Seine Bilder agitieren nicht, moralisieren nicht, die lassen mit Augen entdecken, was sich verbergen möchte, vielleicht auch im Dunkeln der Farben?
Wie die Landschaft folgt der Maler einem Wandel und dies nicht nur äußerlich, vom weiß „Blühenden Apfelbaum“(1992) bis zu dem „Toter Baum“ (1994) oder „Letzter Baum“ (1999). Kahle Stämme sind auf einer Kippe erstarrt. Selbst das dunkelbraune, grau gemusterte Holz kann die kalte Einsamkeit nicht aufheben, die von diesen Bildern ausgeht. Zwei Sichten auf den Muskauer Park(1989) zeigen adäquaten Wandel, grüne Bäume bilden einen Durchblick ins Weite - ein beliebtes Motiv von Gerhart Lampa – während ein anderes “Der Acker“ dunkel, grau, lichtlos wirkt.
Von den Bildern scheinbar willkürlich geschütteter Kippen „Menschen am Tagebau“ (1986) „Abendlicht Meuro“(2004)….. ,wandert der Blick zu denden mit drei spitzen Hügeln, die nebeneinander aufgereiht eine ruhige, fast gravitätisch neue Landschaft zeigen, deren Mitte eine im weißen Licht strahlende Pyramide bildet „Kippe“ (2002), „Leuchtende Kippe“(1999). Mit diesem und anderen Bildern geht der Maler zur Gestaltung seiner Bilder mit großen Flächen über, die wenige Farben zeigen. Der Beginn liegt in den Ansichten von Unwetterstürmen, Windhosen oder Gewittern über Feldern und Tagebauen. Die weiße Spitze auf den genannten Bildern sind des Malers Erfindung. Wer käme auf die Idee, einen solchen unbetretbaren Hügel mit Kalk oder weißer Farbe zu übergießen, auf einem dritten mit roter Farbe? Es sind Lichtspiegelungen, vom Maler umgesetzt.
Auf den Bildern der jüngsten Jahre, selbst auf den kleinformatigen, nimmt der Himmel ein Vielfaches des Raumes der Erde ein. Die Zahl der Farben auf diesen Bildern wurde noch geringer, ohne dass die Bilder monochrom wurden. Der Maler gestaltete Farbigkeit aus diszipliniert eingesetzten Klängen ähnlicher Grundtöne. Er nutzte die Struktur des Farbauftrags, des sensiblen Pinselstrichs, setzt gelegentlich mit einem weißen Farbhauch unaufdringliche Lichter, gestaltet fast unmerklich, doch von aufmerksamen Betrachtern Flächen, schafft feine Nuancierung durch den Farbauftrag, durch darauf resultierenden unterschiedlichen Lichtbrechungen. Die Farbflächen wirken lebendig.
Eine neue Wirklichkeit entsteht, die der Bilder Gerhart Lampas. Die Farben wurden unter seiner Hand vom Mittel zur neuen Welt seiner Bilder. Seine Gewitter- oder Unwetterbilder lassen erkennen, wie weit der Maler in der Konzentration, in der Reduzierung der Mittel ging, ohne die Grenze zum Abstrakten zu überschreiten. Er arbeitet mit wenigen Farbflächen, diese werden zu Bildzeichen. Gerhart Lampa malte nicht die Welt, sondern sein Bild von ihr, er regt an, unser Bild von ihr neu zu bedenken, vielleicht auch sie neu zu entdecken. Die Bilder vermögen uns diese Welt auf neue Weise vertraut zu machen.
Auf einigen seiner letzten großen Bilder dehnt sich ein weiter Himmel dunkel einfarbig – rostrot, dunkelblau, grau, dunkles ocker - über einem schmalen Erdstreifen, beide trennen wenige helle Streifen – gelb, weiß , rot –. Offen bleibt, ob es Licht der auf- oder untergehenden Sonne ist. Die Anordnung erweckt den Eindruck: der Maler sähe sie von aus der Höhe, zwischen Himmel und Erde, wie aus einem Flieger. Dieser flöge dann auf das Licht zu, wie auf ein Symbol für Hoffnung. Die Bilder, ihr Dunkel und ihre Farbflächigkeit schenken Ruhe, vermitteln ein Gefühl von Geborgenheit, denn hell steht Hoffnung vor uns. Erwuchsen diese Bilder Gerhart Lampas Lebens-Traum vom Fliegen? Mich erinnern sie an sein Lieblingsgedicht „Auseinandergehen“ von Volker Braun, der ihm Freund in den Jahren in Schwarze Pumpe war:
„Morgen werde ich aus deiner Wolke steigen
und dich in den Himmel weiterschwimmen lassen,
deinen Brüsten noch einmal winken, wenn der Wind sie freigibt,
und den Kopf wegdrehn, eh deine Tränen kommen.“

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