Gespräch am Kamin höchst aktuell

Gundula SellDas jüngste Gespräch am Kamin im Schloss schenkte Besuchern und Gast des Hoyerswerdaer Kunstvereins die Freude eines Wiedersehens. Die Schriftstellerin Gundula Sell aus Meißen begleitete erstmals vor vierzig Jahren ihren Vater, den Graphiker Lothar Sell zur Eröffnung seiner Ausstellung mit Märchenbildern in unsere Stadt.
Daran und an Bilder vom Tag der Sachsen in Hoyerswerda prägten das gegenseitige Erinnern, „dessen Farben auch der unaufhörlich strichelnde Regen nicht verwischen konnte“, wie Brigitte Reimann bereits vor 50 Jahren ihre “Ankunft im Alltag“ beschrieb. Bereits bei einem gemeinsamen Spaziergang auf den Spuren ihrer einstigen Hoyerswerdaer Kollegin von der schreibenden Zunft war dieser Satz zitiert worden, hatte die Gespräche über Hoyerswerda einst mit Blicken auf dessen Jetzt und über Baumeister, die hier tätig waren, die in Roman und Erzählungen zu finden sind, und über die Künstler, die jene Jahrzehnte prägten, begleitet. Das Selbstgestaltete in jener Epoche und der Umgang mit Kunst seit Jahrzehnten in dieser Stadt erwiesen erneut ihre verbindende Kraft.
Das prägte auch das abendliche Gespräch am Kamin, bei dem Gundula Sell mit ihrer Erzählung „Luisa träumt“ zu Nachdenken und Gesprächen verlockte. Die Autorin, Jahrgang 1963, beschreibt in ihrer Erzählung das Schicksal der jungen Frau Luisa Zepernick während des Nationalsozialismus in Deutschland, die für sich und ihre Tochter allein einen Weg finden musste, der zwischen Illusionen, den Gefahren ideologischer Verführungen jener brutalen Ideologie und ihren Träumen hindurch führte. Die Autorin malte mit Worten ein lebendiges Bild von Illusionen, Täuschungen, von Sehnsucht nach Liebe, Wärme, vom Widerstand gegen Barbarei und dem Eintreten für Verfolgte. Höchst eindrücklich, sehr lebendig, zurückhaltend erzählte Gundula Sell eine Geschichte jener Jahre, die sie selbst weder erlebt noch erlitten hatte. Sie habe sie erdacht, antwortete auf die Frage von Zuhörern, die betroffen und zögernd aus dem Gehörten zum Gespräch fanden. Widersprüche im Denken und Fühlen von Menschen, die sie unsicher sein, sich falsch entscheiden lassen, wolle sie erzählen, sagte die Dichterin. Es gäbe Situationen, die nicht vergangen sind, sondern auch gegenwärtig möglich sind. Jeder Zeitgenosse müsse sich immer nach seiner Verantwortung fragen. Damit wurde – wie häufig bei den Gesprächen - Literatur zeitnah, wurde Leben. Aus Erinnern an Einst war Miteinander im Jetzt geworden und soll weiter gepflegt werden.

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