„Mein Bruder, sieh, die Welt ist weit“ – Georg-Trakl-Matinee in Hoyerswerda

Am Sonntag eröffnete der Hoyerswerdaer Kunstverein die Folge seiner diesjährigen Matineen mit einem Programm zur Erinnerung an Georg Trakl (1887- 1914). Unter dem Titel „Wenn die Glocken Frieden läuten“ stellten Jost Hasselhorn und Angelika Leonhardi (Dresden) Gedichte, Prosa und Auszüge aus Briefen dieses Schriftstellers vor. Der Gitarrist und Sänger Alejandro Leon Pellegrin begleitete die Lesung mit Improvisationen und Variationen, die den inhaltlichen Klang der Texte einfühlsam aufnahmen und die Impressionen des Dichters nachklingen ließen.
Das Programm folgte den Motiven des Dichters, der bereits im Alter von 27 Jahren im ersten Weltkrieg starb: Kindheit, Die Schwester, Traumland und Tod. Jost Hasselhorn füg te den einzelnen Gruppen kurze, biographische Hinweise hinzu, die eine hilfreiche Brücke zu dem Aussage kräftigen, übersichtlich gestalteten Programmzettel bildeten. Von dem frühen Gedicht „Kindheit“: „Voll Früchten der Hollunder; ruhig wohnte die Kindheit in blauer Höhle“ spannte sich ein Bogen bis zu dem letzten „Grodek“: „Am Abend tönen die herbstlichen Wälder von tötlichen Waffen..umfängt die Nacht strebende Krieger.“ Für Zuhörer heute ahnt ein Künstler vorausschauend das Ende jener Zeit, leidet und scheitert daran. Doch die Klänge seiner Gedichte bleiben erhalten, seine Sprachbilder wurden zu einem Maß für spätere Dichter. Seine Lieder mahnen, „die Glocken (mögen) Frieden läuten“, auch in unserer ruhelosen Zeit. Es gilt, Einsamen zu helfen, jedem auf seine Weise, aufmerksam, freundlich, verständnisvoll. Nicht Gewalt bringt Hilfe zum Guten, sondern beharrliche, unbeugsame Freundlichkeit, oder wie Trakl sagt „Gewaltig endet so das Jahr/ Mit goldnem Wein und Frucht der Gärten. Rund schweigen Wälder wunderbar/ Und sind des einsamen Gefährten.“
Selbst Karl Kraus, der strenge Literatur- und Zeitkritiker, Oskar Kokoschka, der Maler, und andere Zeitgenossen schätzten den Dichter und sein Talent. Umso wichtiger ist es, seinem Ruf „Mein Bruder, sieh, die Welt ist weit“ zu folgen. Die sonntäglichen Matineen des Kunstvereins werden diesem Anliegen gerecht, sie sind kein Zeitvertreib, keine Bildungsreise, sie schenken Freude an Sprachkunst und Musik, ermutigen zu Gemeinsamkeit im Alltag. Die nächste Matinee des Kunstvereins ist dem Dichter Friedrich Hölderlin gewidmet.

                                                             

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