Die Antike in unterschiedlichen Facetten bis heute.

Jürgen Israel, Berlin, stellte den Schriftsteller Heinrich Alexander Stoll (1910-1977) beim Kunstverein in Hoyerswerda vor.

Jürgen Israel (links) im Gespräch mit Martin Schmidt

Einstmals, das war etwa 800 Jahre vor der Zeitenwende, schrieb der Dichter Homer spannende Geschichten über den Trojanischen Krieg und über die Irrfahrten des griechischen Helden Odysseus auf, Geschichten aus der Bronzezeit, die also etwa 1000 Jahre vor der Zeit Homers geschahen und mündlich überliefert worden waren.
Wiederum 2000 Jahre lang galten die Erzählungen Homers als fiktive Dichtungen ohne direkten Bezug zum Ort des Geschehens, und ganze Heerscharen von Lehrern und Professoren haben ihren Schülern diese Literatur nahe gebracht und diese mussten sich nun in einem episch gehobenen Stil in Form von Hexametern durch die „Ilias“ und „Odyssee“ quälen. Einer aber, der intuitiv in diesen Geschichten eher Historie als Literatur vermutete, war der 1822 in Neubukow geborene Heinrich Schliemann, der das sagenhafte Troja dann auch fand. Angesteckt von der Faszination, die von Schliemann ausgeht, begibt sich 100 Jahre später Heinrich Alexander Stoll aus Parchim auf die archivierten Spuren Schliemanns und anderer Altertumsforscher und verhilft durch seine spannend und abwechslungsreich geschrieben Bücher der Archäologie und dem historischen Wissen um das Altertum zu einer neuen Blüte.
Und heute ist es Jürgen Israel, der den Faden dieses Geschehens aufnimmt und in unsere Zeit weiterführt. In einem wissenschaftlich fundierten, interessanten Vortrag erzählte er von den tragischen und erfreulichen Phasen im Leben von Heinrich Alexander Stoll, der die deutschen Archäologen und Altertumsforscher zu Helden seiner Bücher machte und den Namen Heinrich Schliemann, Johann Joachim Winckelmann und Johann Heinrich Voss im 20. Jahrhundert neuen Glanz verlieh.
Heinrich Schliemann führte ein entbehrungsreiches Leben, bevor er als Kaufmann in Petersburg genügend Geld erworben hatte, um seinen Traum von Troja zu erfüllen, er gräbt in Troja, in Mykene und an vielen anderen wichtigen Orten der Antike, er reist unentwegt, braucht unzählige Grabungsbewilligungen, scheitert und gewinnt. All das hat Heinrich Alexander Stoll in dem Buch „Traum von Troja“ unterhaltsam erzählt, ohne die historischen Fakten zu verfälschen. Ebenso akribisch beschreibt er das Wirken von Johann Heinrich Voss, der ebenfalls ein Mecklenburger ist und der Homers „Ilias“ und „Odyssee“ ins Deutsche übersetzte.
Dem Leben von Johann Joachim Winckelmann, der als der Begründer der wissenschaftlichen Archäologie und Kunstgeschichte gilt, in Stendal geboren und in Triest ermordet wurde, widmet er mehrere Bücher, neben anderen auch „Der Tod in Triest“.
Die Biographie von Heinrich Alexander Stoll selbst allerdings erscheint den Zuhörern fast noch spektakulärer als das, worüber er im Allgemeinen schreibt. Er geht selten konform mit den Regiereden des Landes, er muss bereits 1934 emigrieren, weil er als Pfarrer in einer Predigt über den barmherzigen Samariter den Samariter mit einem Juden vergleicht, der einem Christen hilft während die vermeintlichen Christen vorüber gehen. 1943 wird er in eine Strafeinheit der Deutschen Wehrmacht eingezogen. Nach 1945 wird er wegen kritischer Äußerungen über die sowjetische Besatzungsmacht zwei Jahre in Fünfeichen interniert, 1950 zu zehn Jahren Zwangsarbeit nach Sibirien geschickt, von wo er 1953 nach Parchim zurück kommt. Danach schreibt er ohne Unterlass, historische Romane und Erzählungen und populärwissenschaftliche Arbeiten, bearbeitet deutsche Sagen und arbeitet als Herausgeber. Allen seinen Veröffentlichungen liegen umfangreiche Recherchen zugrunde, so dass man sich fragt, wie hat das einer in einem einzigen Leben geschafft? Für die Nachwelt aber ist es ohne Zweifel ein Vergnügen, seine Bücher zu lesen und so fast spielerisch Wissen zu erwerben und Faszination zu erleben.
Ein besonderer Dank gebührt Jürgen Israel, der schon seit Jahren beim Kunstverein alte und neue Literatur auf seine gewissenhafte und unnachahmlich spannende Art vermittel. Eduard Mörike, Hans Christian Andersen, Ludwig Tieck, Elisabeth von Thüringen, Literatur über die Stadt Halle, Christa Wolf, Friedrich Schiller und Wilhelm Raabe gehören dazu.

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.