Ein Gesprächsabend mit Karin Großmann (geb. 1954), Chefreporterin der SZ, zum Thema: Ein Journalist stört immer – Wie die Reportage in die Zeitung kommt

Karin Großmann (rechts) nach ihrer Lesung beim Kunstverein in Hoyerswerda

Geschrieben werden Reportagen für einen einzigen Tag, an dem sie in einer Tagezeitung zu lesen sind. Interessante Details zum Entstehen einer Zeitung, zur Rolle des Reporters und seiner Arbeit im Team erzählte Karin Großmann wohltuend humorvoll und spannend an einem Gesprächsabend beim Kunstverein Hoyerswerda. Karin Großmann ist Reporterin mit Leib und Seele, und das schon seit 1978 bei der Sächsischen Zeitung in Dresden. Heute ist sie die Chefreporterin für Kultur und Gesellschaft.
Seit Jahren lesen die Freunde des Kunstvereins Hoyerswerda mit Freude ihre Reportagen zu interessanten Menschen und Ereignissen in der Region und ihre zuverlässigen Kritiken zur Literatur heute. Sie hautnah zu erleben, war für die meisten ein großartiges Erlebnis, denn gekommen waren neben den Enthusiasten aus Hoyerswerda auch Gäste aus Bautzen und Kamenz.
Was bei ihr besonders zu spüren war, ist ihre verantwortliche Haltung eines Schreibenden, der Werte vermitteln will und mit den Antworten und Empfindungen eines Gesprächspartners so sorgsam wie möglich umgeht. Sie versucht, dem Interviewpartner „nicht im Weg zu stehen“, sondern das Gefühl zu vermitteln, dass eine Reportage ihm selbst und den Lesern einer Zeitung nützen kann und hinterlässt „keine verbrannte Erde“. Dies wurde besonders deutlich an der von ihr vorgetragenen Reportage über den Tornado, der den im Rödertal gelegenen Ort, Walda-Kleinthiemig, im Frühjahr 2010 fast auslöschte. So wie Karin Großmann Heinz Rühle und Familie Beyer befragt, ihnen zuhört,ihren Mut und ihre Gelassenheit bewundert, entsteht ein sehr eindrucksvolles Bild des gesamten Ausmaßes der Katastrophe ohne Katastrophen-Journalismus. 
Ein sehr lebendiges Bild der Buchmesse Leipzig mit Ständen so groß wie ein Fußballfeld der mächtigen Verlage und den winzigen Ausstellungsflächen der kleinen wird in einer Reportage über Lothar Dunsch vermittelt, der einen Verlag in Dresden Hellerau als einziger Mitarbeiter führt und mit einem Stand von genau 4,5 Quadratmeter Fläche auf der Buchmesse vertreten ist, an dem ihn Karin Großmann einen Tag lang begleitet. Das Salz in der Suppe sind die kleinen Verlage im großen Mediengeschäft, weil sie gut sortierte Titel im Sortiment haben und solche leidenschaftlichen Verleger wie Lothar Dunsch. Von Leidenschaft und Stehvermögen einer Frau kündet auch das Porträt der Sabine Schubert, bei der „eine Idee zur anderen kommt“ und die in Pulsnitz zeitgenössische Kunst und Literatur sowie Ernst Rietschel und die Geschichte der Pulsnitzer Pfefferkuchen großartig in Szene setzt.
Aktueller als aktuell war der Text „Stauchaer Höhenflüge“ zu erleben, der die Entstehung des „größten Buchzentrums Sachsens“ in einem 3500-Seelen-Dorf bei Riesa zum Thema hat, wo man mit der Sammlung der in der DDR gedruckten Bücher auf Grund einer Initiative von Peter Sodann die Geschichte einer Epoche dokumentieren will, mit dem Engagement von vielen am Ort. Dieser Beitrag setzt die Reportage fort, die Karin Großmann über den Pfarrer Martin Weskott schrieb, der in seine Scheunen in Niedersachsen alles Weggeworfene an DDR-Literatur „eingefahren hatte in einem Antiquariat der deutschen Einheit zur Rettung der geistigen Topographie eines Landes“ und für die sie 1998 einen Journalistenpreis erhielt. Die "Stauchaer Höhenflüge“ wurden noch vor der Veröffentlichung am nächsten Morgen in der Sächsischen Zeitung gelesen, und alle Zuhörer hoffen auf weiterhin so wohltuende Beiträge von Karin Großmann und darauf, dass diese länger als einen Tag gelesen werden können, wie in der Diskussion gewünscht, vielleicht herausgeben in einem kleinen, aber feinen Verlag.

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