Vortrag Professor Ed. Taverne, Groningen.

Professor Ed. Taverne

Der Architekturprofessor Prof. Taverne aus Groningen lernte die Stadt Hoyerswerda über Brigitte Reimann und ihren Roman „Franziska Linkerhand“ kennen, lange bevor er hier zu Gast war, neugierig auf das im Roman beschriebene Leben in dieser industriell gefertigten Stadt, einer Stadt, ausschließlich nach ökonomischen Kriterien geplant, die heute mit den Schwierigkeiten des Lebens in einer post-industriellen Stadt konfrontiert ist. Er begleitete den Stadtumbau aus der Sicht des Historikers und ermunterte dazu, die Veränderungen als Chance zu begreifen, die Neustadt Hoyerswerda in ihrer historischen Dimension und Einmaligkeit erlebbar zu machen und für die Zukunft zu nutzen.

Inzwischen war er häufig hier und ist Ehrenmitglied im Kunstverein Hoyerswerda.
Die Historie der Architektur erschließt sich ihm über die Literaten und nicht über die Historiker, weil die Dichter Leben und Architektur als Einheit wahrnehmen, weil die Architektur dem Leben dienen soll und nicht umgekehrt.
Diese Form von Geschichtsschreibung fand Ed Taverne bei Brigitte Reimann ebenso wie bei Uwe Johnson (1934-1984), den er an diesem Abend vorstellte und dessen Buch „Jahrestage“ er als einen Ozean von Worten zwischen Mecklenburg und Manhattan beschreibt.
Uwe Johnson, geboren 1934 in Pommern, flieht 1945 mit Mutter und Schwester nach Mecklenburg, studiert in Rostock und Leipzig Germanistik, bei Hans Mayer und Theodor Frings. Er schreibt seinen ersten Roman „Ingrid Babendererde – Reifeprüfung 1953“, der in der DDR und in der Bundesrepublik nicht veröffentlicht wird. 1959 verlässt er die DDR, lebt in West- Berlin und New York und stirbt 1984 in England. Uwe Johnson ist laut Süddeutscher Zeitung ein Schriftsteller von weltliterarischem Rang.
Irmgard Weinhofen Bildmitte

Der Roman „Jahrestage“ beschreibt das Leben der Familie Cresspahl im 20. Jahrhundert, zwischen Mecklenburg und New York. Uwe Johnson spannt einen Bogen von der Zeit vor und während des Faschismus in Deutschland und im Deutschland der Nachkriegszeit, bis nach New York und zurück. Vehement verabscheut er jede Art von Diktatur, die Gräuel des Faschismus, den Stalinismus und die Staatssicherheit der DDR, den Rassenhass in den USA, den Vietnamkrieg, die Ermordung von Kennedys und Martin-Luther- King und tausend andere menschliche Untaten. Die Bankangestellte Gesine Cresspahl stammt aus Mecklenburg, ist 34 Jahre alt, lebt in New York und hat eine 10jährige Tochter, der sie ihr Leben erzählt, sie entschlüsselt eigentlich erst beim Erzählen ihre Geschichte, die immer wieder nach Mecklenburg führt.
In seinem sehr gründlich vorbereiteten Vortrag beschreibt Ed Taverne “Jahrestage“ als das zentrale deutsche Erinnerungsbuch auch für Historiker, weil Geschichten der Historie näher kommen als Fakten, weil die Verbindung von Geschehen und Fiktion Geschichte wahrhaftig macht.
Die Germanistin Irmgard Weinhofen aus Berlin, langjährige Freundin von Brigitte Reimann, war gekommen, weil sie die hohe Sachkenntnis von Ed Taverne schätzt. Sie beurteilte den Vortrag als hervorragend analysiert und im höchsten Maß kompetent und anregend für jeden, der in der Gegenwart auf der Vergangenheit aufbaut.
Eine gemeinsame Veranstaltung des Hoyerswerdaer Kunstvereins und dem EKuB.

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