Eine Sonntagsmatinee mit Jost Hasselhorn, Frauenkirche Dresden, zum 100. Todestag von Leo Nikolajewitsch Tolstoi.

Jost Hasselhorn

Der 100. Todestag eines Dichters, das hört sich immer etwas antiquiert an. Und es ist nicht zu erwarten, dass hierbei viel Neues zur Sprache kommt. Nicht so geschehen bei dem Matinee- Programm der Dresdner Frauenkirche mit Jost Hasselhorn und schon gar nicht bei der musikalischen Umrahmung durch die Schüler des Lessing- Gymnasiums Hoyerswerda- Torsten Kohlmann, E- Gitarre und Konrad Schüttig, Klavier-, die mit ihrem wunderbaren Zusammenspiel der Matinee jugendlichen Schwung und sonntäglichen Glanz verliehen.
Jost Hasselhorn verfasste eine sehr persönliche Ehrung für Leo Tolstoi, ein Wechselspiel zwischen seinem Leben als Gutsherr auf Jasnaja Poljana und dem des Dichters, den „Anna Karenina“ und „Krieg und Frieden“ in der ganzen Welt berühmt machten, weil er die Geschichte im Großen mit allen Details ebenso kennt wie die kleinsten Befindlichkeiten der menschlichen Seele.
Heute und hier allerdings standen Tagebucheintragungen und kleinere Erzählungen im Mittelpunkt, ein sehr anschauliches Resümee, das den Zuhörern gefiel.
In seinen Tagebüchern geht Leo Tolstoi mit seinen Mitmenschen sehr harmonisch um, denn er möchte sie nicht belehren, „ein Leben in Güte zu führen“, er möchte selbst derjenige sein, der gütig und liebevoll mit ihnen umgeht. Sich selbst beschreibt er mit vielen negativen Eigenschaften, ihm fehlt Bescheidenheit, er kennt keine Prinzipien und viel Müßiggang, er liebt den Ruhm mehr als die Tugend, er verfällt der Spielsucht und ist der schlechteste Mensch, den er kennt. Das Gute daran ist, so hört man weiter, dass er das weiß und dass er etwas dagegen zu tun versucht. Solche Bekenntnisse schreiben nur wenige in ein Tagebuch.
 Torsten Kohlmann, E- Gitarre und Konrad Schüttig, Klavier

Ebenso spannend lesen sich seine Reflexionen: über die Liebe, die man lieben muss, über die Torheit des Lebens, über die man sich nicht entrüsten soll, über Teamwork, das der Mensch von Bienen und Ameisen lernen könnte.
Das bekannte Essay über die „Die drei Fragen“, die der König seinen Gelehrten stellt, sind zeitlos aktuell, denn jeder sollte sich diesen Fragen immer wieder aufs Neue stellen: Was ist der richtige Zeitpunkt, etwas zu tun, wem kann man vertrauen, und welches von allen Werken ist das Wichtigste?
Die Antworten der Gelehrten sind vielfältig, spitzfindig und diplomatisch, also unbrauchbar. Erst die Begegnung mit einem Eremiten bei dessen Arbeit und mit einem Verletzten, der Hilfe braucht, erhält der König die einzig möglich Antwort: die wichtigste Zeit ist nur die eine, der Augenblick, der Menschen zusammenführt, ohne Ansehen der Person. Das wichtigste Werk ist, dem Menschen Gutes zu tun; denn nur dazu ward der Mensch ins Leben gesandt.
Eine gemeinsame Veranstaltung des Hoyerswerdaer Kunstvereins mit der Frauenkirche Dresden und dem EKuB Hoyerswerda.

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.