Ein Vortrag von Dr. Sigrid Töpelmann, Berlin, zu Leben und Werk von Conrad Ferdinand Meyer (1825-1898).

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Conrad Ferdinand Meyer ist ein schweizerischer Schriftsteller des 19. Jahrhunderts, der zwar nicht vergessen ist, aber kaum noch gelesen wird. Dr. Sigrid Töpelmann wollte, nachdem sie beim Kunstverein bereits Theodor Storm und Gottfried Keller vorstellte, die beide der gleichen Epoche wie C. F. Meyer angehören, nun auch diesen näher betrachten, zumal sich alle drei trotz unterschiedlicher Zugänge zum Schreiben gegenseitig zumindest respektierten. 
Conrad Ferdinand Meyer konnte sich erst sehr spät entscheiden, ob er Maler oder Schriftsteller oder doch etwas anderes werden sollte. So nimmt er einen Umweg über Jurastudium und Bildungsreisen nach München und Rom und übersetzt Geschichtsbücher aus dem Französischen, ehe er 1860 selbst mit dem Schreiben beginnt.
Die Historie wird zur Grundlage seiner Novellen, aus der Zeit der Kreuzzüge bis hin zu Renaissance wählt er dramatische Ereignisse aus, mit Helden von starker Lebenskraft und Lebensfreude. Stoffe aus dem Alltag lehnt er fast kategorisch ab. Er bleibt beim Schreiben dem historischen Stoff sehr nahe, versucht aber zugleich die Motivationen der Handelnden bis in die innersten Tiefen auszuleuchten und versteht es, durch die Form der Rahmenerzählung Spannung bis zum Schluss aufzubauen. Diese psychologisierende dichterische Herangehensweise macht die Erzählungen so einmalig.
So ist in der Erzählung „Der Heilige“, in der die Zeit Heinrich II. von England (1133-1189) und seines Kanzlers Thomas Becket (1118-1170) aufscheint, folgender Satz zu lesen ist: „Mir graut vor dem, was die Menschen sind, und vor dem, was sie sich zu sein einbilden.“ Zum anderen ist auch hier ein bei Meyer immer wiederkehrendes Thema abgehandelt, dass einer seinen Leib zwar rettet, aber seine Seele verkauft und daran zerbricht. In all seinen Erzählungen baut Conrad Ferdinand eine Brücke in frühere Zeiten, die von der seinen so verschieden nicht sind und Dr. Sigrid Töpelmann führt diese Brücke weiter bis in unsere Zeit und weist auf die Aktualität der Eitelkeiten und Machtgier bis heute hin.
Nicht vergessen wurden natürlich die Gedichte C. F. Meyers, die einerseits, wie die Prosa auch, historischen Ereignissen folgen aber auch sehr Inniges von den persönlichen Gefühlen offenbaren. Die bekanntesten allerdings sind sogenannte Symbol-Gedichte, von denen „Der römische Brunnen“ wohl das schönste ist:
Auf steigt der Strahl Und fallend gießt
Er voll der Marmorschale Rund,
Die, sich verschleiernd überfließt
in einer zweiten Schale Grund;
Die zweite gibt, sie wird zu reich,
Der dritten wallend ihre Flut.
Und jede nimmt und gibt zugleich
Und strömt und ruht.
Einige sehen in diesem Gedicht die lyrischste Beschreibung eines physikalischen Vorgangs, andere symbolisch den Lauf des Lebens von der Kindheit bis zum Tod, wieder andere den Weg der Erkenntnis von der ersten Berührung bis hin zur Weisheit.
Ein herzlicher Dank erging von den Zuhörern an Dr. Sigrid Töpelmann, die mit ihrem frischen und kompetenten Vortrag so begeisterte, dass Conrad Ferdinand Meyer unbedingt ganz neu gelesen werden wird.
Eine gemeinsame Veranstaltung des Hoyerswerdaer Kunstvereins mit dem EKuB Hoyerswerda.

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