Ein Vortrag von Sieglinde und Fritz Mierau, Berlin, zu Leben und Werk des russischen Dichters Sergej Jessenin (1895-1925).

Fritz und Sieglinde Mierau v.l. nehmen die Ehrenmitgliedschaft an.

Sergej Jessenin ist ein beinahe vergessener russischer Dichter aus den Anfängen des 20. Jahrhunderts. Da es immer ein wenig von Zeit und Glück abhängt, ob einer vergessen wird oder nicht, bemüht sich der Literaturwissenschaftler Fritz Mierau gemeinsam mit seiner Frau Sieglinde um Übersetzung und Herausgabe vergessener russischer Literatur. Es war für sie ebenfalls ein Glücksfall, dass sie auf Leben und Werk des Sergej Jessenin aufmerksam wurden, der im deutschen Sprachraum ziemlich unbekannt war.
Im mittleren Russland, in Konstantinowo, wächst Sergej Jessenin auf. Es ist ein Leben unter einem sanften Himmel, mit leichtem Wind und der Stille der Nacht, mit Zeiten für Blüten und Zeiten für Früchte, ein Leben auf einem Bauernhof mit Pferden, Kühen und Schweinen. Die Menschen leben im Schoß der Mutter Erde und pflegen untereinander die der Natur abgelauschten Riten und Regeln. Moskau und die Revolution sind weit.
In dieser Welt fühlt sich Sergej Jessenin zum Dichter geboren. Ihm fließen Verse unaufhörlich zu, wie ein unversiegbarer Quell. Aus der realen Welt der Pferde wird das blutrote Traumpferd. Mit der Vision, ein großer Dichter zu werden, macht er sich 1912 auf nach Moskau.
Er beginnt ein Studium, erlebt die Oktoberrevolution, bereist den asiatischen Teil der Sowjetunion und den Ural, verkehrt in Künstlerkreisen und ist fünfmal verheiratet, reist mit der Tänzerin Isadora Ducan um die Welt und heiratet 1925 als fünfte Frau Sofia Tolstaja, die Enkelin Leo Tolstois. Trotz eines äußerlich wilden Lebens bleiben seine Verse sanft und „bereiten der Heimat goldene Matten“. Die Revolution von 1917 wird von ihm begrüßt, später enttäuscht ihn vor allem die Technisierung des ländlichen Lebens und die Engstirnigkeit des neuen Staates, in dem Phantasie und lebendiger Geist erstickt werden.
Am Ende seines kurzen Lebens, er wählt 1925 den Freitod, da ist er 30 Jahre alt, beschreibt er in seinen letzten Gedichten die neue Republik als einen Bluff und sein Leben als Dichter, der an seiner Seele leidet. „Der Mann in Schwarz“ erfüllt seine Seele mit trostloser Trauer und Furcht. Sein Lebensbuch war voll herrlicher Pläne und schöner Gedanken, aber er lebte unter Pogromhelden und Scharlatanen, die ihm Schmerz und Qualen bereiteten. Das Leb wohl gilt seinen Freunden, die nicht traurig sein sollen, denn „das Sterben ist nichts Neues in diesem Leben, und Leben ist keineswegs neuer“.
Für kurze Zeit wurde Jessenin zum Idol der russischen jungen Intellektuellen, unter Stalin waren seine Bücher verboten und erst nach der Perestroika begann eine Wederentdeckung. Fritz Mierau trug mit seinem Buch „Biografie Sergej Jessenin“ wesentlich dazu bei, dass heute der Dichter auch außerhalb Russlands angemessen gewürdigt wird. Da war es gut, dass Sofia Tolstaja den Nachlass Jessenins geordnet und für die Nachwelt aufbewahrt hatte.
Ein eindrucksvoller Vortrag mit interessanten Ausschnitten aus dem Buch, mit Originalton Jessenins, mit Gedichten, die Paul Celan übersetzte und selbst las und mit Gedichten, die Sieglinde Mierau berührend vortrug.
Zum Abschluss willigten Fritz und Sieglinde Mierau ein, Ehrenmitglieder im Kunstverein zu werden und natürlich, wie schon seit Jahren, mit neuen interessanten Themen wieder zu kommen.
Eine gemeinsame Veranstaltung des Hoyerswerdaer Kunstvereins mit dem EKuB Hoyerswerda.

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