Zürich um 1900

Vor mehr als 150 Jahren zieht ein Mann durch die Welt und immer noch finden seine Berichte, seine Briefe und Bücher regen Zuspruch. Nicht jeder Reisende erhält ein solches Echo. Wer gehört werden will, muss wissen, schauen, erkennen und erzählen können. Alle diese Eigenschaften besaß Herrmann Fürst von Pückler-Muskau in reichem Maß, dazu Ideen, Leidenschaft und Gestaltungswillen – wie die Lausitzer Parks in Muskau und Branitz beweisen. Er schuf sie zwischen seinen Reisen, und erst unser Jahrhundert sieht die Gestalt, die seiner beweglichen Phantasie vorschwebte. 
In Hoyerswerda sammelte sich auf Einladung des Hoyerswerdaer Kunstvereins am Mittwochabend Verehrer des Werkes dieses Mannes, um von dessen späten Reisen in die Schweiz zu hören. Spätkommende fanden einen ansehnlich großen Kreis um Volkmar Herold und Christian Friedrich, die Historiker der Pückler-Stiftung in Branitz, im Schlosssaal zu regem Gedankenaustausch versammelt, um mehr von dem Reisenden und seinen Erlebnissen zu hören. Sieben bisher zu Gehör gebrachten Vorträge erschöpften bei weitem nicht den Nachrichtenschatz von des Fürsten Reisen.
Der Fürst stillte mit 61 und 75 Jahren wiederholt seine Sehnsucht nach den Bergen, kokettierte , man habe ihn für 40 gehalten, nutzte aber nicht mehr die Rücken von Pferden oder anderen Reittieren, sondern eine gediegene Kutsche. Schließlich begleitete ihn seine Nichte, die mit ihrer Jugend zum Zauber seiner Persönlichkeit betrug. Vielleicht hob diese Gesellschafterin ein wenig die Einsamkeit auf, die auf h den Reisenden zu Hause wartete, nachdem seine Stieftochter und seine Frau Lucie, der „Schnucke“, wie er sie rief, der „grünen Fürstin“, die demnächst in Branitz bewundert werden kann, gestorben waren.
Die Landschaft faszinierte ihn, wie zu hören war, ob die Teufelsbrücke – die der Cottbuser Maler Karl Blechen im gleichen Jahrhundert auf seinen Bildern festhielt - ob der Rheinfall von Schaffhausen, den er aus der Höhe eines Hotels, das heute noch genutzt wird, bewunderte – ob die Erhabenheit der Gebirge der Schweiz. Er genoss die Städte Chur, Zürich, Bern, und wusste geschickt, einfühlsam zu beschreiben, was er sah. Diese Kunst hatte bereits Goethe zu loben gewusst und damit den damals jungen Mann ermutigt, nicht nur einer der ersten Reiseschriftsteller zu werden, sondern auch einer, der mit Stil und Erzähltalent für seine Nachfolger Maßstäbe setzte.
Er war zeitlebens ein Aristokrat, berichteten die Kenner, kümmerte sich wenig oder gar nicht um Politik. Zur Revolution von 1848 gibt es ebenso wenig Bemerkungen wie zu den politischen Verhältnissen der besuchten Länder. Die gewissenhaften Historiker schränkten allerdings ein, dass sie von den jüngst aus Polen übergebenen 80 000 Seiten Dokumenten aus des Fürsten Hand erst 10 000 gesichtet hätten. Da könnten noch Überraschungen ruhen, vor denen sie bei Fürst Pückler nie sicher seien.
Die Diskussion war dann auch ausgedehnter als der Vortrag, das half den einen zum Einstieg in diese ihnen bisher ferne Welt, deren Ergebnisse uns doch so nah sind, stillte anderen den Wissensdurst über einen außergewöhnlichen Menschen., wenn eventuell auch vorhandene Neugier nach amourösen Abenteuern nicht bedient wurde. Der Fürst war eben Aristokrat, der als Kavalier genoss und schwieg. Damit seien heutige Schwätzer gemahnt, die wider besseres Wissen oder ohne Kenntnis der wahren Geschichten, Charakterlosigkeiten verbreiten .
Die Partner setzen im nächsten Jahr die Reisebetrachtungen fort, bewundern mit den Augen von Filmkünstlern das lebende Erbe des Gartenschöpfers und besuchen in Branitz „die grüne Fürstin“ Lucie, um ihr und des Fürsten Werk zu bewundern.

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