Vortrag von Michael Hamburger (* 1931) über seinen Vater Rudolf Hamburger (1903-1980) beim Kunstverein Hoyerswerda.

Rudolf Hamburger und Irmgard Weinhofen

Da wohnt man mehr als 40 Jahre in der neuen Stadt Hoyerswerda und kennt nur sehr wenig von den Lebenswegen, die sich hier kreuzten, Lebenswege von Menschen, die das Bild der Stadt mitbestimmt haben, die weit reichende Visionen hatten und die über die spektakulären Wege ihrer Vergangenheit nur wenig redeten. Einer von ihnen war Rudolf Hamburger, er war als Nachfolger von Richard Paulick von 1959 bis 1964 im Aufbaustab Hoyerswerda tätig.
Sein Sohn Michael Hamburger berichtete nun auf Einladung des Kunstvereins über den Lebensweg seines Vaters, von dessen Überzeugungen und Irrtümern, von Beruf und Familie.
Rudolf Hamburger wurde 1903 geboren, sein Vater war Besitzer einer größeren Textilfabrik in Landeshut in Schlesien. An der TU Berlin-Charlottenburg studierte er Architektur bei Hans Poelzig und lernt dort die neue Formensprache der Architektur kennen, eine Moderne in Architektur und Design. Zur gleichen Zeit studierte dort Richard Paulick (1903-1979), beider Lebenswege kreuzen sich fortan immer wieder und ihre Freundschaft hält bis zum Lebensende.
Nach der Tätigkeit als Meisterschüler bei Hans Poelzig versucht Rudolf Hamburger auf Grund der schwierigen politischen und wirtschaftlichen Lage in Deutschland als Architekt in Shanghai Fuß zu fassen. 1930 übersiedelt er dorthin gemeinsam mit seiner Ehefrau Ursula Hamburger, der späteren Schriftstellerin Ruth Werner. Ruth Werner hieß mit ihrem Mädchennamen Ruth Ursula Kuczynski. Ihr gemeinsamer Sohn Michael Hamburger kommt 1931 in Shanghai zur Welt. Später gelangt er mit seiner Mutter von Shanghai über die Mongolei, Polen, die Schweiz und England in die DDR. Er arbeitete viele Jahre als Dramaturg am Deutschen Theater Berlin. Bis dahin war er nur als Sohn von Ruth Werner bekannt.
Erst seit der Zeitzeugensuche des Kunstvereins Hoyerswerda und seitdem der Architekturhistoriker Eduard Kögel an der Fakultät Architektur der Bauhaus - Universität Weimar eine Dissertation über Richard Paulick und Rudolf Hamburger „Zwei Poelzigschüler in der Emigration“ verfasste, wird die Bedeutung Rudolf Hamburgers als Architekt entsprechend gewürdigt, sehr zum Erstaunen auch der Zuhörer, die bisher nur sehr wenig über Rudolf Hamburger wussten.
In Shanghai bearbeitete Rudolf Hamburger verschiedene Projekte, erstmals Bauwerke im Sinne der europäischen Moderne, die heute als Denkmal erhalten werden. 1933 ermöglicht er Richard Paulick die Emigration nach Shanghai. Gleichzeitig beginnt er als Kommunist außer seiner Architektentätigkeit gemeinsam mit seiner Frau für den sowjetischen Militärgeheimdienst GUR zu arbeiten. 1936 beginnt eine Odyssee als Geheimagent über Polen, die Schweiz, wieder China, Moskau und Teheran. In Teheran kommt er auch mit englischen und amerikanischen Militärs in Berührung. Ab 1943 wird er deshalb 10 Jahre lang in russischen Lagern als vermeintlicher Doppelagent interniert, erst 1955 erfolgt die Rückkehr nach Deutschland, in die DDR, mit Hilfe von Richard Paulick und seiner bereits 1939 von ihm geschiedenen Frau, Ruth Werner.
In Dresden bearbeitet er als Architekt unter anderem den Entwurf für den Kulturpalast, der dann aus Kostengründen wesentlich kleiner ausfällt als geplant. 1959 beruft ihn Richard Paulick in den Aufbaustab nach Hoyerswerda, den er dann von 1960 bis 1964 leitet.
Nach wie vor gibt Rudolf Hamburger dem Baustil der Moderne den Vorzug, er ist stolz darauf, dass seine Stadt bezahlbaren, gesunden Wohnraum für alle gleichermaßen ermöglicht. Auf eine Kritik von Brigitte Reimann zur geplanten, nicht gewachsenen Stadt antwortete er:“ Wir müssen mehr leichte, elegante, lebensfrohe Akzente in die Stadt bringen, aber insgesamt gesehen sollten wir zuversichtlich den eingeschlagenen Weg weitergehen. Das bestätigen uns immer wieder erfahrene Städtebauer, die Hoyerswerda in seiner Logik und Konsequenz über die Berliner verlängerte Karl-Marx-Allee und Dresdens Neubauten stellen.“ Diese lebensfrohen Akzente fehlen leider auch heute noch an vielen Stellen der nunmehr kleiner werdenden Stadt.
Michael Hamburger war sichtlich berührt von der Zuneigung, die ihm von den Zuhörern entgegen gebracht wurde. Mehrere kannten seinen Vater noch persönlich, unter anderem der Kraftfahrer, der ihn zwischen Dresden und Hoyerswerda chauffierte. Anlass genug, die Spurensuche zur Geschichte von Hoyerswerda- Neustadt fortzusetzen und im Sinne des Groninger Professors Ed Taverne in der Stadt erlebbar zu machen.

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