Vortrag von Prof. Ed Taverne, Groningen, über die Schwierigkeiten beim Stadtumbau.

Prof. Ed Taverne (rechts)

Prof. Ed Taverne ist seit dem Jahr 2003 ein regelmäßiger Gast in Hoyerswerda. Er lehrte von 1983 – 2003 an der Universität Groningen Kunst- und Architekturgeschichte. Intensiv beschäftigte er sich mit dem Städtebau des 20. Jahrhunderts unter dem Aspekt, die Architektur im Zusammenhang mit der Geschichte der jeweiligen Stadt zu verstehen und daraus Chancen für die Zukunft zu hinterfragen. Sein Thema für den Abend lautete deshalb: „Hoyerswerda: Erblast oder Potential für die Zukunft?“ 
An Hoyerswerda interessierte ihn nicht nur die Stellung, die diese Stadt innerhalb der industriell gebauten Städte in Osteuropa einnimmt, sondern auch die Verbindung zur Kunst im städtischen Raum, zur Literatur und zu den Bürgern. Über die Literatur, über den Roman „Franziska Linkerhand“ von Brigitte Reimann wurde er auf die Stadt Hoyerswerda aufmerksam und so kam eine enge Zusammenarbeit mit dem Hoyerswerdaer Kunstverein zustande.
Sein heutiger Vortag ist das Ergebnis einer jahrelangen Beschäftigung Prof. Tavernes mit der Stadt Hoyerswerda.
Einen sehr hohen Stellenwert für die Arbeit eines Historikers misst er der Frage bei, wie das Leben einer Stadt mit der Architektur verflochten ist, wie heute gelebt wird und welche Probleme bei der Bewältigung zukünftigen Lebens anstehen, wie die Geschicke einer Stadt für die Zukunft gelenkt werden sollen.

Abbruch Hochhaus Typ PIISo erwies sich sein Vortrag als intensiver Denkanstoß für die Stadtväter ebenso wie für die Stadtplaner, für die Denkmalpfleger und die Kulturschaffenden und vor allem für jeden Bürger, der in dieser Stadt lebt.
Der „Bauplatz DDR“ ist ein bisher nur wenig erforschtes Gebiet. Welche Rolle spielt Hoyerswerda in diesem Kontext, was bedeutet der Slogan „Wohnen im sozialistischen Raum“, war der Einfluss der Ideologie übermächtig oder gab es soziale, kulturelle und technisch grundlegend neue Aspekte, über die das Forschen und Nachdenken lohnt? Eine vielfältige Spurensuche ist also notwendig, um aus der Geschichte der Stadt das Potential für die Zukunft zu erschließen,
Zur Spurensuche gehören technische Daten des industriellen Wohnungsbaus und der Stadtplanung, Visionen der Architekten Richard Paulick, Rudolf Hamburger, Jens Ebert und anderer zum Leben in dieser Stadt, Fragen zu gesundem Wohnraum für alle, Gedanken über das Zusammenleben in einer Hausgemeinschaft und in einem Wohnkomplex, damit wir am Ende wissen, was des Erhaltens lohnt und was abgerissen werden sollte. Denn wir wissen nicht, was wir abreißen.
Das Potential für die Zukunft kann demnach nur durch sicheres Wissen und durch das Zusammenwirken aller Kräfte in einer Stadt geschaffen werden. Dazu gehört der Aufbau einer entsprechenden Dokumentation, dazu gehört Forschungsarbeit, dazu gehört das sich Einlassen in alles Positive und Negative der Vergangenheit und das Sichtbarmachen der Geschichte in der Stadt heute. Nicht vergessen werden sollte eine engere Zusammenarbeit mit Städten, die sich in einer ähnlichen Situation des Abbaus befinden.
Dieser Blick von außen auf unsere Stadt hat Mut gemacht, die eigene Geschichte zu bejahen, und den weiteren Verlauf selbstbewusst zu bestimmen und somit für die nächste Generation in ihrer Einmaligkeit lebenswert zu gestalten.

Prof. Ed Taverne bezog sich in seinem Vortag auf eine umfangreiche wissenschaftliche und belletristische Literatur. Eine Liste hierzu kann ab November vom Kunstverein Hoyerswerda bezogen werden.

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.