Prof. Dr. Herbert Rück, Professor für Romanistik im Ruhestand, liest aus seinem Roman „Wege und Zeichen“ beim Kunstverein.

Frau und Schwester von Herbert Rück mit Helene Schmidt v.l.

Geschichte ist ein Konglomerat von kleinen, fast winzigen Geschichten. Es gibt keine absolute Historie, aber aus der Vielzahl von Geschichten lassen sich wie in der Mathematik wahrscheinliche Abläufe erkennen und Wahrheiten erahnen. 
Eines dieser winzigen Geschehnisse beschreibt Heribert Rück mit seinem Roman „Wege und Zeichen“. Hierin wird die Zeit vor und während des zweiten Weltkriegs lebendig, in der Erinnerung des Robert Glasl, der 1930 in Marienbad geboren wurde, zu einer Zeit, als die Stadt zur Tschechoslowakei gehörte und ab 1939 dann zum deutschen Protektorat Böhmen und Mähren, vormals aber ein Teil der Österreich- Ungarischen Monarchie war.
Die Sprache, die Heribert Rück wählt, folgt einem sehr einfachen und kurzen Duktus aus der Sicht eines Jugendlichen, wirkt fast nüchtern und emotionslos. Indem die Texte aber von ihm selbst gelesen werden, entstehen eindrucksvolle Bilder, so lebendig, schalkhaft und heiter, dass man die Jahreszeiten förmlich fühlen, die Kirschen aus Nachbars Garten schmecken und das Elternhaus mit Ziege, Hühnern und Kaninchen sehen und hören kann.

Herbert Rück

Über dem Haus allerdings schwebt wie ein großer schwarzer Vogel, das dem Jungen unverständliche Wort Hypothek, und ebenso überschattet ist die Zeit von den Meinungen der Bevölkerung für und gegen Hitler, von der Begeisterung über den Vormarsch der deutschen Truppen und von der Ahnung, dass alles ein unheimliches Ende nehmen wird. Zu wenige haben die „Zeichen“ der Zeit erkannt. Auch in der Familie gehen die Meinungen auseinander, der Vater hat eine gut bezahlte Arbeit, ist Parteimitglied, hält sich aber von politischen Aktivitäten zurück. Die Mutter begrüßt das neue deutsche Regime und jubelt dem Einmarsch der deutschen Truppen zu und dem Führer, der Freiheit und Brot schenkt, ist aber eine warmherzige, zupackende Frau, die gleichzeitig Juden und russische Zwangsarbeiter bemitleidet und den Sohn Robert zu einem tüchtigen und empfindsamen Menschen erzieht. Nach dem Krieg wird die Familie Glasl enteignet und aus der Tschechoslowakei vertrieben, da ist Robert 15 Jahre alt.
Das Buch von Heribert Rück wirkt wie ein kostbares Mosaiksteinchen in der Geschichte über Vertreibung und Umsiedlung, das die Spirale der Gewalt zerbricht, auf Hass und wieder Gewalt verzichtet und zum gegenseitigen Verzeihen animiert.

 

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