Am Montag hatte der Kunstverein Hoyerswerda Juergen Schulz zu Gast – einen engen Freund der Autorin in Neubrandenburg.

Gratulation für Juergen Schulz

Juergen Schulz ist nicht nur ein Zeitzeuge des Buches „Was ich auf dem Herzen habe“, das von den gemeinsamen Jahren mit der Schriftstellerin Brigitte Reimann erzählt, sondern der Mann, der sie am intensivsten in den schmerzensreichen letzten Jahre begleitete. Schulz, damals Berufsanfänger beim Sender Neubrandenburg und heute Moderator der Sendung „Musikalisches Sonntagsraten“ bei MDR Kultur, begegnete 1969 Brigitte Reimann und stand von dem Zeitpunkt an in ständigem Gedankenaustausch mit ihr.

Dieser Abend im gut gefüllten Saal des Schlosses war für ihn – wie er gestand – eine „Welturaufführung“. Schulz griff nicht auf den Text seines Interviews in dem Buch zurück, sondern erzählte in lockerer Folge von den Gemeinsamkeiten, den gemeinsamen Freuden, den Schmerzen jener Jahre und las erstmals Briefe vor, die die Autorin in jenen Jahren an ihn richtete und die noch unveröffentlicht sind.

Mit 40Jahren Abstand
Dabei versäumte er nicht, immer wieder auf den zeitlichen Abstand von 40 Jahren zu jener Zeit hinzuweisen, die viele Erscheinungen ganz anders sehen lassen als heute. Dazu gehörte der Versuch des Nordbezirks Neubrandenburg, in seiner Bezirksstadt Künstler anzusiedeln und dafür auch umfangreiche Mittel für Ateliers, Wohnungen und anderes zur Verfügung zu stellen. Diesem Ruf und dem Zureden von Helmut Sakowski folgte auch Brigitte Reimann. Leider blieben ihr nur wenige Jahre, denn die Krebs- Erkrankung forderte unerbittlich immer größeren Tribut durch Krankenhausaufenthalte, auch wenn sie und ihre Freunde die Hoffnung auf Heilung nicht aufgaben.
Es war die Zeit „der Königin und ihres Pagen“, wie die Schriftstellerin Margarete Neumann die beiden nannte, wenn sie zu den Gesprächen im Waldhaus der eigenwilligen Autorin auftauchten oder Bars und Feste aufsuchten.

Visionen und Enttäuschungen
Juergen Schulz ließ diese Zeit und ihre Eigenheiten anhand von Texten aus den Tagebüchern Brigitte Reimanns lebendig werden. Da war von den Visionen die Rede, aber auch von den Enttäuschungen angesichts der Kulturpolitik der DDR und von der berechtigt harten Kritik der Schriftstellerin daran.

Immer wieder kam der Gast auf die Frau zu sprechen, die „in keinen Rahmen, kein Schubfach passte. Sie war Künstlerin, Lebenskünstlerin, einsam und zugleich kontaktfreudig. Schrieb sie, war sie für keinen zu sprechen, von keinem zu erreichen. Sie war anschmiegsam und jähzornig, konnte Männer scharenweise unter den Tisch trinken und jeden erobern. Sie schrieb ihre Texte per Hand, tippte sie dann in die Schreibmaschine, um sie – nach kritischer Betrachtung – oft wenige Tage später zu zerreißen. Als die Krankheit ihr das Schreiben nicht mehr ermöglichte, musste er Texte, die sie ihm diktierte, in die Maschine schreiben. Sie wollte ihr Buch vollenden, was ihr nicht vergönnt war.

Eine Botschaft
Dennoch trat „Franziska Linkerhand“ sofort nach Erscheinen, ein Jahr nach dem Tod der Autorin, seinen Siegeslauf durch viele Länder und Sprachen an. Das scheinbar unbefangene Plaudern war bestimmt von einer Botschaft: „Sie war eine faszinierende Frau. Ich kann sie mir nicht als 75-Jährige vorstellen. Für mich bleibt sie die Frau von nicht einmal vierzig Jahren“.

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