Lothar Bisky umwirbt in der Zuse-Stadt seine Genossen

Lothar Bisky will einer der Baumeister einer neuen Linken sein. Während seiner gestrigen Stippvisite in Hoyerswerda erinnert der Linkspartei.PDS-Bundesvorsitzende dabei ein wenig an die Architektin aus Brigitte Reimanns unvollendetem Roman «Franziska Linkerhand» . Die sagt am Ende: «Es muss, es muss sie geben, die kluge Synthese zwischen heute und morgen . . .» Bisky steht mitten drin zwischen diesem Heute und einem Morgen, das am 16. Juni in Berlin über die Bühne gehen soll. Da sollen die Linkspartei und die «Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit» , kurz WASG, feierlich miteinander zu einer starken Linken verschmelzen. In der Zuse-Stadt umwirbt er die Genossen.

Der Politiker Bisky lebt wie die Architektin aus dem Reimann-Roman noch in der Hoffnung. Er hat Zutrauen in seine Partei, «die sich selbst nach einem historischen Tief am Schopfe aus dem Sumpf gezogen hat» . Er glaubt an sein Ziel, «auf demokratischem Weg zum Sozialismus» zu kommen. Warum seine Partei trotz Arbeitslosigkeit, Massenentlassungen und Hartz IV keinen Massenzulauf hat? «Das ist ein Irrglaube, dass die Linke wächst, wenn der Kapitalismus ächzt. Stark wird sie nur durch ein eigenes Profil» , erklärt Bisky, als er durch das Lausitz-Center in Hoyerswerda schlendert.
Dort kauft er sich am Kiosk die Zeitung «Neues Deutschland» , lässt sich mit einem Parteimitglied, das ihn erkennt, auf ein kurzes Gespräch ein. «Wir halten den Kopf hoch, wir machen weiter, auch wenn ich schon über 80 Jahre alt bin» , sagt der Mann. «Alles Gute. Die Linke muss vorwärts gehen.»
In seinem letzten Wahlkreis in Eisenhüttenstadt hatte Bisky vor Augen gehabt, «wie der Versuch, sozialistische Städte zu bauen, jetzt planiert wird» . Bei seinem Spaziergang durch die Zuse-Stadt stößt der 66-Jährige, der inzwischen in Sachsen lebt, erneut auf Zeugen des Zeitenwandels: die frisch sanierte Stadtpromenade 11, das geschlossene Karstadt-Haus und «den Vorteil, dass in Hoyerswerda wegen der Denkmalschutzauflagen bestimmte Gebäude als bewohnte Museen stehen bleiben» , wie ihm der Stadtverbands-Vorsitzende Ralph Büchner süffisant vor dem Weg zur Reimann-Begegnungsstätte erklärt hatte.
Reimann habe ihn als Schriftstellerin ein Leben lang begleitet, sagt Bisky. Sie sei ein Beispiel dafür, dass es durchaus auch eine kritische Sicht auf die DDR gegeben habe. «Ich finde es schade, dass zur DDR-Literatur keine differenzierte Geschichtsaufarbeitung stattfindet.»
Am Grab des Regisseurs Lothar Warnecke, der Reimanns Roman «Franziska Lichterhand» unter dem Titel «Unser kurzes Leben» verfilmt hat, hatte Bisky Abschiedsworte gesprochen. Während seiner Tour durch die Stadt bezieht sich der Linken- Chef mehrfach auf diesen Streifen. Selbst den Hoyerswerdaer Ex-OB Horst-Dieter Brähmig bringt er dabei mit ins Gespräch.
Der Film spiele schon eine Rolle, wenn er daran denke, dass Brähmig damals in Hoyerswerda als bundesweit erster PDS-Oberbürgermeister Jahre lang eine Partei repräsentiert habe, die in allen Medien immer wieder totgesagt worden sei, erklärt Bisky. «Brähmigs Arbeit war für die Partei unheimlich wichtig.»
Dass sich Brähmig im letzten OB-Wahlkampf für einen freien Einzelkandidaten eingesetzt und den Zustand der Partei gegeißelt hatte, will Bisky nicht kommentieren. «Ich werde mich hier in Hoyerswerda nicht in die Kommunalpolitik reinhängen, weil ich die nicht beurteilen kann» , sagt er. Abends im Schloss vor 40 Genossen wiederholt er, «dass Brähmig Verdienste in der Politik hat, die ich nicht vergessen werde und die Respekt verdienen» . Applaus.
Bisky hofft darauf, «dass seine Partei wieder eine wird, die sich um die Leute kümmert» . «Das war und ist nicht überall so» , sagt er und lebt bei seinem Besuch in der Reimann-Begegnungsstätte vor, wie er das meint. «Ich rede mal mit meiner Frau, wir kennen noch einige Zeitzeugen, die mit Brigitte Reimann befreundet waren» , verspricht er da zum Beispiel dem Kunstvereinsvorsitzenden Martin Schmidt, der um Hilfe bei der Kontaktaufnahme für ein neues Projekt gebeten hatte. Eine Kopie oder eine DVD des Warnecke-Films werde er auch besorgen.
Die Architektin im Reimann-Roman scheitert mit ihren ambitionierten Plänen für einen innovativen, ästhetisch anspruchsvollen Wohnungsbau an den mit Sachzwängen argumentierenden Planern, an Leuten «der Praxis mit der ganzen verfluchten Arroganz dieser Realisten» . Bisky ist überzeugt, dass es sich für seine Ziele weiter zu kämpfen lohnt. Seine Gründe, mit denen er für eine Fusion mit der WASG wirbt, klingen indes sehr realistisch. «Um als Linke bundesweit stark zu sein, brauchen wir den Westen Deutschlands» , sagt er. «Dort haben wir als PDS alleine nichts erreicht.»

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