Eine Selbsthilfegruppe der AOK unter Leitung von Karin Hänsch und der Kunstverein hatten eingeladen zu einer Lesung mit Annelies Schulz, Taubenheim in Hoyerswerda, Haus Bethesda.
Droben im Oberland...
Annelies Schulz, Jahrgang 1934, ist mehr oder weniger als Autorin für Erzählungen und Drehbücher bekannt. Nun hat sie sich nach 30-jähriger Abwesenheit aus der Oberlausitz mit ihrem Buch „Das Kindheitshaus“ in einem neuen Genre zu Wort gemeldet, mit einem Zeitdokument ihrer Heimat. Wenn man nun erwartet, etwas über Landschaft und Sehenswürdigkeiten zu erfahren, wird man vergebens suchen. Was man findet, ist das Leben, sind die Menschen, die mit dem Haus der Kindheit verbunden sind. Davon hat Annelies Schulz reichlich zu bieten. Nicht spektakulär, sondern einfach nur alltäglich. Man erfährt von ihrem Heimatort mit zwei Marktplätzen, zwei Kirchen, zwei Rathäusern und von ihren zwei Müttern, der immer reinlichen und schicken Mutter und von der allezeit agilen Großmutter, die mit ihren markanten Sprüchen im Oberlausitzer Dialekt ihr Umfeld in Schach hält und die Enkeltochter bis heute geprägt hat. Alles mit lachenden und weinenden Facetten bestückt. Beeindruckend werden Szenen in der Schule geschildert, wo die Kinder nach dem Ansehen der Eltern, gestaffelt von der ersten bis zur letzten Reihe, ihre Plätze einnehmen müssen. Ebenso einprägsam ist auch die Zeit des Faschismus beobachtet, die Beteiligung im Bund deutscher Mädchen, der Tod des Bruders, der bereits 1939 in einem U-Boot ums Leben kommt und das sich wandelnde Verhalten der Menschen untereinander, geprägt von Vorsicht und Misstrauen.
Viele waren gekommen, weil ihre Heimat die Oberlausitz ist, die anderen, weil Annelies Schulz eine hervorragende Erzählerin und Vorleserin ist und immer wieder zwischen Nachdenklichem und großer Heiterkeit die Zuhörer in Bann hält. Es ist zu vermuten, dass sie diese Gabe von der Großmutter geerbt hat.