Gespräch mit Professor Dr. Günter Bayerl, er war als Referent beim Kunstverein Hoyerswerda.

 Professor Dr. Günter Bayerl

«Jeder Tag bringt neue Erfahrungen. Doch eines wissen wir, die industrielle Bedeutung der Lausitz muss genauso geschätzt werden wie die Via Regia, die hohe Straße» , sagt Professor Dr. Günter Bayerl. Der Hoyerswerdaer Kunstverein hatte den seit zwölf Jahren an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus (BTU) Technikgeschichte lehrenden Bayerl am Mittwochabend zum «Gespräch im Schloss» eingeladen.
«Im Entwickeln und Vermitteln ökologischer Industrie liegt die Chance einer weltweiten Industrie-Führerschaft der Lausitz»
Prof. Günter Bayerl
Zuhörer waren – neben den Gastgebern vom Freundeskreis der Kunst und Literatur – Mitglieder des Traditionsvereins Schwarze Pumpe, Vertreter der einstigen Espag und von Vattenfall sowie interessierte Bürger. Der Referent traf damit vor allem auf Menschen, die aus beruflicher Erfahrung nicht nur die Einzelheiten der Entwicklung am Standort Schwarze Pumpe selbst erlebt und mitgestaltet hatten, sondern die auch die aussagekräftigen Tabellen, Diagramme und Bilder weltwirtschaftlicher Entwicklung sofort nachvollziehen konnten. Dies bewies sich vor allem in der ausführlichen, intensiven und sachgerechten Diskussion am Ende des Vortrages.
Professor Bayerl stellte die wirtschaftliche Entwicklung der Lausitz in den Zusammenhang mit der Industrialisierung Europas und vor allem Deutschlands etwa vom Jahr 1850 bis heute. Dabei zeige sich überall der gleiche Trend, erläuterte er, der Anteil der Industrie an der Volkswirtschaft nehme ab, während die Dienstleistungsbereiche – im weitesten Sinne bis hin zu Verwaltungen – wachsen. Während dieser Verlauf in den westlichen Ländern seit langem anhalte und daher auch leichter «abgefedert» werden konnte, erfolgte dies in den östlichen Ländern nach dem Jahr 1990 «erdrutschartig» . Der Referent räumte allerdings ein, dass gerade am Standort Schwarze Pumpe mit der erfolgreichen Ausgründung von mittelständischen Betrieben, dem Bau des neuen Kraftwerkes und der Überführung von Forschungsergebnissen in die Praxis beim Sekundärrohstoff-Verwertungszentrum (SVZ) gegengesteuert worden sei. Der Verlust an Arbeitplätzen sei dennoch sehr hoch.
Die Umweltsanierung sei eine Erfolgsgeschichte der Wende, erklärte der Referent, denn 7,5 Milliarden Euro seien bisher investiert worden, das neuen Kraftwerk arbeite sozusagen CO 2 -frei, die Teerseen seien umweltfreundlich beseitigt und die Tagebau-Seen stünden in Kürze zur Nutzung bereit, verbunden durch Kanäle. Die wirtschaftliche Zukunft läge allerdings nicht mehr in der Großindustrie, sondern in mittelständischen Unternehmen und Forschung, wie bereits jetzt nachgewiesen werden könne. Ebenso klar sei aber auch erkennbar, dass der Bedarf an höher qualifizierten Berufen überdurchschnittlich stark zunehme, während die geringer ausgebildeten Arbeiten mehr und mehr von Maschinen übernommen würden.
Als Schlussfolgerung erwüchse daraus die dringende Notwendigkeit, viel mehr Geld als bisher in Bildung zu investieren. Und dies solle nicht als egoistische These eines Hochschullehrers missverstanden werden, sondern als ein Appell an die Verantwortung von Politikern, Eltern und Bürger gegenüber den kommenden Generationen. Wer die Voraussetzungen zu einer Hochschulausbildung habe, solle diese unbedingt nutzen, denn gerade in Umwelttechnik, im Bilden und in der Sicherung eines erfolgreichen Energiemixes als Basis jeder Wirtschaft lägen ungeahnte Möglichkeiten auch für wirtschaftliche Tätigkeit in der Lausitz.
«Im Entwickeln und Vermitteln ökologischer Industrie liegt die Chance einer weltweiten Industrieführerschaft der Lausitz» , war der hoffnungsfrohe Schlusssatz eines wissenschaftlich fundierten und überzeugenden Vortrages.

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