Verneigung vor Dr. Wolfgang Wessig

Dr. Wolfgang Wessig bei einer Lesung zu Piotr Pazinski beim Hoyerswerdaer Kunstverein im November 2015Am 15.Juli 2017 starb Dr. Wolfgang Wessig in Görlitz. Zwei Jahrzehnte war der einstige Chefdramaturg des Gerhart Hauptmann Theaters Görlitz ein beliebter Gesprächspartner des Hoyerswerdaer Kunstvereins. Mit seiner Begeisterung für Literatur und Theater vermochte er seine treue Zuhörerschar stets zu begeistern.
Auch wenn er bei seinen Vorträgen sein Wissen bescheiden zurückstellte, begeisterte er sein Zuhörer. Er verfing sich nie in Theorien, seinen Lesungen schickte er nur kurze prägnante biographische Skizzen und wenige zeitgeschichtliche Daten voraus, dann las er wohl ausgewählte Texte des jeweiligen Autors. Ganz im Dienst der Texte wusste der erfahrene Theatermann seine Zuhörer nur an den Text zu fesseln, um im Anschluss zu freundlichem Gespräch, zu Frage und Antwort offen zu sein. Dabei verlockte er stets zu eigenem Lesen, hörte ich die Eindrücke seiner Zuhörer an, musste oft auch an die Abfahrt des Zuges nach Görlitz erinnert werden. Mehr als 50 Gespräche am Kamin – von ihm Grenzgänge genannt - gestaltete Wolfgang Wessig und machte dabei fast eine doppelt so große Anzahl von Autoren des 19.und 20. Jahrhunderts bekannt. Ihm lagen dabei am Herzen, einerseits an literarisch schöpferische Menschen Schlesiens zu erinnern – wie Gerhart Hauptmann, Johannes Wüsten, Max Herrmann- Neiße, Otto Julius Bierbaum u.a.- , von denen einige in finsteren Zeiten Heimat, Schaffensmöglichkeit und Leben verloren.
Andererseits stellte er mit Begeisterung die junge Generation und deren Werke vor, die in jüngsten Jahren dort aufgewachsen und mit ihren Büchern bekannt geworden waren: Olga Tokarczuk, Andrzej Stasiuk, Artur Becker, Joanna Bator vor, ebenso wie Jocjim Topol und Czeslaw Milosz, der Ukrainer Jurij Andruchowitsch und viele andere. Der Bogen seiner Vorträge spannte sich von Bohumil Hrabal, Amos Oz, Leah Goldberg. Armin T. Wegner und dessen Armenien Berichte bis zu Bert Brecht, Margarte Steffin, zu den neuesten Büchern von Christa Wolf, Volker Braun, Irina Liebmann und Piotr Pazinski. Auf die Weise ließ er über Grenzen schauen, freute sich über gleiche literarische Themen und deren durchaus andere Erzählweise. Dem Anderen zuzuhören, erweitert nicht nur den Blick und das Wissen, sondern öffnet auch das Herz zum Nachdenken über ähnliche oder gleiche Probleme. Kunst und Literatur waren für den Kulturwissenschaftler Wolfgang Wessig Brücken zum Anderen über alle Grenzen hinweg. Ein fester Gesprächs-Kreis sammelte sich um ihn, von ihm und seinen Vorträgen nicht nur begeistert, sondern auch zum eigenen Entdecken wichtiger Bücher und Autoren angeregt. Jedes Begegnen mit Dr. Wolfgang Wessig war ein anregendes Erlebnis. Zu diesen gehört auch ein Spaziergang durch Görlitz mit Dr. Wessig und dem Kunstverein, um jene Orte zu zeigen, an denen bedeutende Künstler geboren, gelebt und gearbeitet haben, ehe sie vertrieben wurden. Ohne viele Worte lehrte er uns, Städte als Stätten menschlicher Begegnung zu sehen. Dankbar verneigen sich seine Gesprächspartner in Hoyerswerda vor seinem Lebenswerk. Martin Schmidt

Das folgende Video entstand bei einem Spaziergang mit Dr. Wolfgang Wessig und dem Hoyerswerdaer Kunstverein durch Görlitz und zur 3. Sächsischen Landesaustellung Ausstellung Via Regia im Jahr 2011.

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