Kunst mit dem Herzen leben, nicht mit dem Mund

Stefan Kießling, Hendrik Reichardt, v.l. Foto: Katrin DemczenkoDer Sächsische Musikbund e.V. lud am 15. November 2015 zu einem Konzert „Invocationen“ in die Johanneskirche Hoyerswerda ein. Sechs Neue Werke für Posaune und Orgel wurden vorgestellt - dabei die vier Uraufführungen: „Novelletten“ für Posaune und Orgel von Gisbert Näther (geb.1948); von Karl Ottomar Teichmann (geb. 1936) “Sonata“; von Manfred Weiß (geb.1935) „Fantasie“; und Jan Cyz (geb1955) “Sei nur stille zu Gott, meine Seele; denn er ist meine Hoffnung“ (Ps.62,6). Thomas Buchholz (geb. 1961) war mit „Gymnopaedia“ der jüngste und der tschechische Tonsetzer Petr Erben (1929 -2007) mit „Zwei Invocationen“ als ältester Komponist beteiligt. Die genannte Komposition von Petr Erben gaben dem Programm den übergreifenden Titel INVOCATIONEN: Hineinrufungen übersetzt Christoph Sramek diesen Begriff aus der lateinischen Sprache. Ihn deutet Hendrik Reichardt im Programmheft: “ Sie bezeichnen im christlichen Verständnis des Komponisten den Versuch der Herbeirufung eines Heiligen. Petr Eben verendet dafür den altböhmischen St.Wenzeslaus–Choral…. Der heilige Wenzel, ein Fürst aus dem 10. Jahrhundert, gilt als wichtigster böhmischer Landespatron “ Das Werk entstand 1988 und erhäl den deutlichen Bezug zur Situation in der Heimat des Komponisten, in die die Flüchtlinge aus der DDR drängen, ehe ihnen die Ausreise in die Bundesrepublik gestattet wird. Weck-Rufen gleich beginnt die Posaune mit drei kräftigen Tonfolgen, die die Orgel mit zuerst sanften, dann stärker werdenden Grundklängen untermalt, um am Ende beide Instrumente im Choral zu vereinen. “Der historische Charakter dieses Chorals inspirierte mich auch, die dramatischen und tragischen Momente in unserer Geschichte und die Hoffnung auf den Sieg unserer Freiheit auszudrücken“, erklärte der Komponist Petr Eben. Diesem spannungsreichen Musikstück gelang es, mit bald träumerischem Verharren, bald zögernd voranschreitenden Passagen, wie im Wechsel von stillem Gebet zu verhaltenem Jubel, die Zuhörer zu fesseln. Die Interpreten faszinierten die Besucher auch bei den anderen Kompositionen damit, dass sie die Eigenheiten des jeweiligen Komponisten und dessen Anliegen mitzuteilen verstanden. Obwohl verschiedene Generationen und Schulen beteiligt waren, gelang es den beiden jungen Interpreten Hendrick Reichardt (Posaune) und Stefan Kießling (Orgel) trotz unterschiedlicher Handschriften jedem der Komponisten gerecht zu werden. Die Zuhörer spürten, dass beide Mittdreißiger bereits mehrfach miteinander konzertierten und sich daher sehr gut den Raum- und Klangbedingungen der Johanneskirche anpassen konnten. Die Zuhörer dankten mit eifrigem Beifall für dieses in sich stimmig ausgewogene Programm und die meisterlich vorgetragenen Interpretationen. Dieses Konzert JUNGER Interpreten brach eine Lanze für die zeitgenössische Musik der Komponisten, die für junge Musikliebhaber einer Generation schreiben, die in ihren Konzerten fehlen. Vielleicht mangelt es jenen auch nur an Mittlern, die nicht erklären; sondern sie in die eigene Freude an moderner Musik mit hineinnehmen und erleben lassen? Kunst will erlebt und gelebt, nicht gelehrt sein. Martin Schmidt

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