Vortragsabend von Jürgen Israel, Berlin zu Ludwig Tieck (1773-1853) - Der König der Romantik

Jürgen Israel

Das Zeitalter der Romantik eröffnete am Ende des 18.Jahrhunderts eine Ära der stimmungsvollen Kunstwerke und der fantastischen literarischen Erzählungen. Die bekanntesten Vertreter der frühromantischen Richtung sind in Deutschland Ludwig Tieck, die Brüder Schlegel, Novalis, Brentano, Schelling, Fichte und Schleiermacher. Die Romantik findet sich ebenso in der Malerei bei Caspar David Friedrich und in der Musik bei Karl Maria von Weber wieder. Erstmalig melden sich auch Frauen häufiger zu Wort, so Caroline Schelling, Bettina von Arnim oder Madam de Stael.

Jürgen Israel zieht einen Spannungsbogen zwischen Leben und Werk Ludwig Tiecks und der Zeit, in der lebte, der Zeit der Französischen Revolution, der Napoleonischen Kriege und der beginnenden bürgerlichen Revolutionen in Deutschland. Man sieht diese Vorgänge förmlich mit den Augen Ludwig Tiecks und begreift auch, dass er sich politisch nicht eingemischt hat, weil er die heile Welt suchte. Man fragt sich aber auch, wie es möglich war, dass einer so viel Eigenes schreiben konnte, zum anderen Werke Shakespeares und Cervantes übersetzte, Werke von fast vergessenen Dichtern wie Lenz und Kleist herausgab, einen großen Kreis in- und ausländischer Künstler um sich scharte, viel reiste und ganz nebenbei noch Familie und Geliebte betreute.
Tieck kommt aus einfachen familiären Verhältnissen. Der Vater war Seilermeister und von der Kunst angerührt. Seine drei Kinder werden später in künstlerischen Berufen tätig sein. Ludwig studiert Theologie, um sich für die Zukunft ein Einkommen zu sichern, aber ihn zieht es sehr bald zum Schreiben. Und er wird bereits ab 1794 als freier Schriftsteller arbeiten. Allerdings wird sein Lebensunterhalt fortan immer von Freunden und Gönnern gestützt werden müssen.
Zum Begründer der Romantik wird Tieck gemeinsam mit dem Freund Wackenroder. Mit diesem reiste er durch Franken und sah hier eine fast vergessene Kultur aus dem Mittelalter, die sehr intensiv und fast einfältig sentimental noch immer gelebt wurde. Ihn begeistern die großen Städte Bamberg und Nürnberg, die umgeben sind von einer romantischen, fast mystischen Landschaft. Von nun an versucht er, die deutsche Kunst als Lebenskunst für eine breite Schicht des Bürgertums zu erschließen. Man muss erwähnen, dass das 18.Jahrhundert von einer nüchternen Aufklärung und von der Hinwendung an griechische und römische Vorbilder geprägt war, wobei dem Geistigen und Spirituellen wenig Raum blieb. Die Romantiker versuchten nun, Schönheit und Symbolik der mittelalterlichen Künste neu zu beleben, sie schrieben märchenhafte phantastische Erzählungen, die von einem breiten Publikum gelesen wurden und noch heute des Lesens wert sind. So schrieb Tieck die Märchen „Der blonde Eckbert“, “Der Gestiefelte Kater“ und „Der Runenberg“, daneben eine Fülle weiterer Märchen, Dramen und Erzählungen, lieblich und schrecklich zugleich, poetisch und mystisch.
Die wesentlichen Stationen im Leben von Ludwig Tiecks sind Berlin und Dresden. An seine offene, herzliche und hilfreiche Art erinnern sich viele namhafte Künstler, die in diesen beiden Orten bei ihm zu Gast waren, vor allem bewundern sie neben seinen dichterischen Fähigkeiten seine außergewöhnliche Vortragskunst, die ganze Theatervorstellungen in den Schatten gestellt haben soll. In seinem Alterswerk allerdings wendet er sich Tieck einem eher schlichten Realismus zu.
Von seinen Verehrern zum König der Romantik gekürt, von Kritikern verspottet, bleibt es sein Verdienst, der deutschen Dichtung auf lange Zeit neue Impulse verliehen und Kunst und Poesie einem breiteren Publikum erschlossen zu haben.

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.