ebensphilosophie, geschöpft aus alltäglichen Dingen

Artur Becker liest im Rahmen der Hoyerswerdaer Gespräche "Grenzgänger" Artur Becker, ein polnischer Schriftsteller, der in Deutschland lebt, vorgestellt von Mirko Schwanitz im Rahmen der Hoyerswerdaer Gesprächsreihe "Grenzgänger".
Die Reihe befasst sich mit Schriftstellern von heute in Osteuropa und wird gefördert von der Robert-Bosch-Stiftung. Als Schirmherr fungiert der OB der Stadt Hoyerswerda, Stefan Skora.

Eine gute Geschichte atmet das Leben des Dichters. Je authentischer ein Dichter schreibt, um so mehr kann er seine Leser verzaubern und diese ein klein wenig für seine Sicht der Dinge gewinnen. Für sich gewinnen konnte Artur Becker an diesem Abend die Zuhörer ausnahmslos durch seine lebensbejahende Art. Viele waren gerade deshalb gekommen. Was sie hörten, war heiter und skurril, geprägt von einem tiefen Wissen um das Endliche und Unendliche des Lebens, vom Leben in Europa gestern und heute und sicher trotz aller Heiterkeit, oder gerade deswegen, ganz und gar nicht oberflächlich.
Artur Becker, geboren 1968 in Bartoszyce in Ermland-Masuren, lebt seit 30 Jahren in Deutschland und schreibt einen Roman nach dem anderen, daneben Essays und Lyrik, alle in deutscher Sprache. Sein Thema aber ist immer wieder Polen, der Dadajsee, das Leben von Masuren, Deutschen und Juden in einer grandiosen Landschaft mit einer Mentalität, wo das Leben dem Tag gehört, nicht dem Tag danach.
Mirko Schwanitz gestaltet den Abend als Gespräch zwischen Artur Becker und seinem 2006 geschriebenen Roman " Das Herz von Chopin", einem Satire-Roman mit einer polnischen Sicht voller     Selbstironie auf polnische Mentalitäten, wofür mir in der deutschen Literatur kaum ein Beispiel einfällt, am ehesten noch Heinrich Heines bissige Ironie. Im Roman ist Chopin zur Überraschung des Lesers kein Komponist, sondern ein polnischer Autohändler, der in Bremen Gebrauchtwagen an und verkauft. Zum Verkaufen braucht es philosophisches Gespür, ist zu erfahren. Kommen ältere Deutsche kann man mit ihnen durchaus über Ostpreußen sprechen und ist bei Ihnen so etwas wie ein Heiliger, jüngere Kunden hingegen verwickelt man in ein Gespräch über Rockmusik, findet somit gute Zuhörer und auch gute Abnehmer. Auch der Umstand, dass polnisch vielerorts gleichzeitig katholisch bedeutet, führt im richtigen Moment zum Erfolg, des Autoverkaufs natürlich. Mirko Schwanitz bewundert die verblüffend kurzen und markanten Sätze des Romans, aus denen so gute Literatur entstand. Die Antwort Beckers schlagfertig und liebenswert, dass er nur damals nicht so gut Deutsch konnte.
Artur Becker liest, erzählt und schweift ab, zum Beispiel, dass er seinen Namen als Allerweltsnamen empfindet, dass er sich gewünscht hätte, dass sein Name neben der deutschen seine Abstammung von Polen und Juden erkennen lässt, dass er an die Liebe nicht mehr glaubt und dass er sich in Deutschland angekommen fühlt, aber sein Herz ganz klar polnisch schlägt.
Mirko Schwanitz muss ihn bremsen und auf das vorgesehene Programm vorsichtig zurückleiten. So am Ende zu einem Gespräch über das Leben von Flüchtlingen, zu denen er auch einmal gehörte. Artur Becker empfindet es ganz persönlich als Schmach, wie es den meisten Flüchtlingen heute in Europa geht. Er hatte den Vorteil, dass sein Land, aus dem er emigrierte, zum Kulturkreis des Abendlandes gehörte und er nur die Sprache lernen musste. Doch wie muss es Menschen ergehen, die aus einem völlig anderen Lebenskreis kommen, die neben der Sprache ein ganzes neues Leben lernen müssen und sollen?

 

  

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