Es waren einmal zwei höchst lebendige Frauen,  Irmgard Weinhofen (geb. 1931) erzählt über ihre Freundschaft mit Brigitte Reimann (1933-1973).

Irmgard Weinhofen erzähltIrmgard Weinhofen und Brigitte Reimann lernten sich im Krankenhaus in Burg kennen, als Brigitte Reimann mit 15 Jahren an Kinderlähmung erkrankt war und Irmgard Weinhofen dort wegen Lähmungserscheinungen nach einer Fischvergiftung behandelt wurde. Sie war damals 17 Jahre alt.
Seit dem Jahr 2003, dem Erscheinen des Briefwechsels zwischen den beiden Frauen unter dem Titel „Grüß Amsterdam“, kommt Irmgard Weinhofen regelmäßig nach Hoyerswerda und vermittel die Lebenswelt dieser jungen Frauen, die sich über Musik und Literatur, über ihre Arbeit und über die Männer austauschen. Die aktuelle Politik ist für beide sehr wichtig, kann aber nur sehr diplomatisch über den eisernen Vorhang hinweg thematisiert werden, da Irmgard Weinhofen 1963 mit ihrem holländischen Ehemann nach Amsterdam zog.
Irmgard Weinhofen ist eine begnadete Erzählerin und so entsteht das Bild von zwei höchst lebendigen Frauen, von denen die eine schon im Alter von 39 Jahren an Krebs stirbt. Heute, fast 39 Jahre später, erinnert sich Irmgard Weinhofen so freudig und innerlich berührt, dass die Zuhörer ein sehr menschliches Bild der Schriftstellerin Brigitte Reimann erhalten, ihre Fröhlichkeit und Lebenslust spüren, aber auch mitleiden an denThomas Reimann, der Künstler für das Reimann-Zeichen in der Stadt Hoyerswerda, ist aus Dresden gekommen, um Irmgard Weinhofen zu hören. körperlichen Einschränkungen, die Brigitte Reimann ein Leben lang erfahren musste. Auch nach der räumlichen Trennung über Grenzen hinweg bleibt der Kontakt zwischen den Freundinnen herzlich, Alltagsthemen werden genau so ernsthaft erörtert wie literarische Ideen , es wird Kritik geübt an den gesellschaftlichen Zwängen der 60er Jahre. Bei aller Freude an Leben und Geselligkeit wird Brigitte Reimann alles dem Schreiben unterordnen und bis zuletzt auch gegen die Krankheit unter höchster physischer und psychischer Belastung anschreiben. „Denn Schreiben muss ich, unbedingt schreiben. Ich bin ja bis zum Kopfzerspringen mit Ideen angefüllt“, ist bei ihr schon 1951 zu lesen, 1971 schreibt sie, vom Krebs gezeichnet: „…ich habe alle Energien für die verdammte Operation verbraucht… Herzanfälle, die mir schreckliche Angst einjagen… der Hauptgrund ist sicher das verdammte Buch… Aber jetzt, auf dem letzten Viertel dieser überlangen Strecke aufgeben? Das wäre ja der reinste Selbstmord. Also muss man irgendwie durchhalten.“
Es ist schon sehr berührend, den Briefwechsel von 1956 bis 1973 zwischen „Irmchen und Brigitte“ zu lesen, zwischen Hoyerswerda und Amsterdam, aber unvergleichlich schöner ist ein solcher Abend mit Irmgard Weinhofen, ein Beisammensein, dass durch Lesen nicht ersetzt werden kann.

     

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