Eine Reise endet mit Plänen – für das nächste Jahr

Vom 18. bis 24. Oktober weilte der Hoyerswerdaer Kunstverein zu seiner Herbst-Exkursion bei und mit seinen Rotterdamer Freunden in Nordholland. Als Standort wählten „die Holländer“ -wie sie seit 14 Jahren kurz genannt werden- die Feriensiedlung Borgmeren, um von dort täglich in eine andere Richtung auszuschwärmen.


Seit 1000 Jahren am Meer

Natürlich standen Natur, Technik (Schiffbau und Erdgas-Gewinnung), Kultur und Kunst in Geschichte und Gegenwart im Vordergrund, denn in „het kleinje landje aan de zee“, wie Irmgard Weinhofen, Brigitte Reimanns Freundin in Amsterdam, es nennt, gehen alle ineinander über. Seit etwa tausend Jahren gewinnen die Menschen dort an den Küsten Land vom Meer zurück, wie es ihnen die Mönche in grauer Vorzeit vormachten. Heute überraschen die Besucher Wasserbauwerke von einmaliger Präzision und Wirksamkeit. Das „eroberte Land“ wurde sofort nutzbar gemacht. Trotz widriger Witterung begann intensiver Ackerbau; die Viehzucht floriert, und beides zusammen, gekrönt von Blumenzucht unbeschreiblicher Fülle und Schönheit, präg(t)en dieses Land und seine Wirkung in aller Welt.

Eigener Menschenschlag

Erkundung per Fahrrad

Um den Meeresfluten zu entgehen, bauten die Altvorderen ihre Kirchen, Klöster und Dörfer auf „Warften“: Hügel, per Hand acht oder zehn Meter hoch aufgeschüttet und mehrere hundert Meter Durchmesser habend. Dieses Ringen mit Meer und Wind scheint eigenen Humor, zähe Widerstandskraft und ständig neue Ideen hervorgebracht zu haben. Da erinnert sich der Besucher schamvoll des hierorts oft hörbaren Jammerns über Kleinigkeiten... Gesundes Selbstbewusstsein, das dem Anderen, dem Fremden, Raum gewährt, nimmt in Holland den Besucher mit hinein.

Es beginnt beim Groninger Bahnhof: Die Halle - 1895 erbaut -, ein Meisterwerk des Jugendstils mit Türmchen, Säulenhallen, Bildwerken der Zeit und einer kleinen Wendeltreppe, war jahrzehntelang hinter einer Unterhang-Decke, hinter Platten und Fassaden verborgen. Jetzt erstrahlen Halle und Fassade in altem Glanz und sind wie zu ihrer Bauzeit ein Symbol des Stolzes der Bürger der Stadt, die im Norden des kleinen Landes erfolgreich ihren Platz als Kulturstandort mit einem neuen Kunstmuseum - in verwirrend moderner Architektur - gegen die berühmten Schwesterstädte Amsterdam und Rotterdam verwirklicht. Doch nicht nur die Städte, die Häfen und die unzähligen Kanäle mit Sportbooten, Hauskähnen und Lastschiffen inmitten weiter flacher Landschaft atmen diesen Geist: In kleinsten Orten, z.B. in der Festung Bourtange - 500 Einwohner und ein eigener Kindergarten (!) - wird alte und neue Geschichte präsent, wozu eine kleine Synagoge beiträgt, die an die von den Deutschen ausgerottete jüdische Kultur erinnert.

Gemeinsamkeit zählt

Das Wasserschloss Menkemarborg mit Barock- und Englischem Garten zieht ebenso an wie die Dorfkirchen von Uithiuzen, Loppersum und Uithuizermeerden mit ihren Orgeln. Die berühmten Orgelbauer des Nordens - Arp Schnitger, sein Schüler Hinsz - schufen ihre Meisterwerke in kleinsten Orten und ziehen heute Touristen und Freunde der Orgelmusik an. Man tut sich zusammen, organisiert Konzertfolgen an allen Orten – und schaut auch über die Grenze nach Friesland. Denn dem Meer gegenüber ist der Einzelne hilflos. Ein Ausflug zur Nordsee-Insel Schriermonigoog verdeutlichte dies eindrücklich.

Die Abende gehörten dem Gespräch: Gudrun Otto regte gemeinsame Aquarellmalerei an, die Eigenheiten der Landschaft neu entdecken ließ; Bilder einer Reise nach Ostpreußen erinnerten an ein anderes Land an der See; Ingrid Tempel stellte die vier Kamelien-Standorte Sachsens vor; mit und nach Professor Ed Taverne waren Brigitte Reimann und Hoyerswerda Thema.

Neue Sichten gewinnen

Die Freunde beschlossen, den Briefwechsel „Grüß Amsterdam“ zwischen Irmgard Weinhofen und Brigitte Reimann zu lesen, um im nächsten Jahr Amsterdam und Hoyerswerda einmal aus dieser Sicht miteinander zu diskutieren.

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