Reineke, der Fuchs, schlängelt sich erfolgreich durch viele Stilepochen

Uwe Jordan nach einer Lesung zu "Reineke Fuchs" im Schloss Hoyerswerda Man glaubt es kaum, wie viele Dichter sich mit „Reineke Fuchs“, dem schlauen, listigen Lügner auseinander gesetzt haben, berühmte und weniger berühmte Autoren, vom Mittelalter bis heute.
Einige von ihnen wurden an einem literarischen Abend von Uwe Jordan vorgestellt. In der mittelhochdeutschen Fassung des „Reynke de vos“ (1498 Lübeck) kann man zwar in dem Gelesenen einen schönen Sprachfluss hören, verstehen allerdings so gut wie nichts, obwohl unsere heutige Sprache sich aus dem Mittelhochdeutschen entwickelt hat.
Der Schluss der Fabel lautet hier: „Fabelen unde sodaner bysproke mere / Werden ghesath to unser lere…“ Was vielleicht heißt, dass Fabeln und solcher Beispiele mehr, gesagt werden zu unserer Lehr.
Nun, lernen kann man durchaus von Reineke, aber vor allem das eine, wie die menschliche Gesellschaft funktioniert oder besser, nicht funktionieren sollte und es dennoch seit hunderten von Jahren tut.
Bei Dietrich Wilhelm Soltau, geboren 1745 in Bergetau, gestorben 1827 in Lüneburg, zeigt sich, trotz seiner umfangreichen Tätigkeit als Kaufmann in aller Welt, eine außergewöhnliche Sprachbegabung. Sein „Reineke der Fuchs“ ist ein kurzweiliger „Gesang“; beinahe im Stil eines Bänkelsängers trägt Soltau die ungeheure Moritat des schlauen Fuchses vor und Uwe Jordan glänzt einmal mehr als hervorragender Vorleser. Die Zuhörer sind begeistert.
Der Fuchs wird von fast allen Tieren, den Haustieren und den wilden, des Mordes angeklagt und vom König Nobel, dem mächtigen Löwen, zum Tod verurteilt durch den Strang. Reineke überlegt krampfhaft, wie er das Blatt noch wenden könnte. Sein Siegeszug beginnt, als er den König bewegen kann, ihm die Beichte abzunehmen, damit ihn dieser von seinen Sünden frei sprechen könne, so kurz vor seinem Tod und er in Frieden sterben könne. „Spiritus sancte, sei mit mir…“, so beginnt seine Beichte, in der er sich der größten Gräueltaten von Jugend an beschuldigt, doch er tat es nicht allein, bei gemeinsamen Morden mit Isegrim, dem Wolf, seinem ärgsten Ankläger, hatte er, Reinicke meist das Nachsehen, „das musst ich mit Geduld ertragen, doch Gott sei Dank, es drückte mich nicht, weil mir´s an Schätzen nicht gebricht…“ Der König wird neugierig und Reinecke redet und lügt und lügt und redet… Er tritt einen unvergleichlichen Triumphzug an, das Todesurteil wird aufgehoben, am Ende weiterer dramatischer Wendungen wird Reineke, der Fuchs, zum Kanzler des Königs ernannt.. Alle anderen Tiere werden ihm huldigen, ihm zu Füßen liegen, um des eigenen Vorteils willen um Gnade bitten.
Johan Wolfgang von Goethe kennt die Fassungen des „Reineke der  Fuchs“ aus dem Mittelalter, die Übersetzung von Johann Christoph Gottsched, er kennt lateinische Ausgaben und Volksbücher. Sein „Reineke Fuchs“ erscheint in klassischer deutscher Hochsprache, die bis heute begeistert: „Pfingsten, das leibliche Fest war gekommen! es grünten und blühten Feld und Wald…“ und nach zwölf Gesängen endet es so: „Reinekens Frau vergnügte sich sehr; so wuchs auch den beiden/
Kleinen Knaben der Mut bei ihres Vaters Erhöhung./ Untereinander sprachen sie froh: Vergnügliche Tage /Leben wir nun, von allen verehrt, und denken indessen/Unsre Burg zu befestgen und heiter und sorglos zu leben.“ Die ältesten Illustrationen des Goetheschen „Reineke“ stammen von Wilhelm von Kaulbach, feinsinnige Zeichnungen, in Kupfer gestochen von R. Rahn und A. Schleich.
Auf das Lesen größerer Passagen der Goethefassung verzichtet Uwe Jordan, er hofft, der eine oder andere würde das zu Hause tun und die Sprache Goethes auf sich wirken lassen.
Desweiteren besteht die Möglichkeit bei Franz Fühmann zu stöbern, er erzählt 1975 „Reineke Fuchs“ in Prosa, nach einer niederdeutschen Fassung, diesmal aber für Kinder, mit Illustrationen von Werner Klemke. Also, viel Spaß beim Lesen.

 "Reinecke der Fuchs" , nach einer niederdeutschen Ausgabe aus dem Jahr 1498, übertragen von Severin Rüttgers Illustration zu Goethes "Reineke Fuchs" von Wilhelm von KaulbachReineke Fuchs in Prosa von Franz Fühmann, illustriert von Werner Klemke

 

Zugriffe: 908