Der Schatzsucher -Manfred Kegel

Manfred Kegel (Mitte) zeigt seine archäologischen Funde beim Freundeskreis Hoyerswerda Rotterdam

Winter ist zurückgekehrt auf die Felder rund um Bernsdorf. In kahlen Bäumen krächzen die Krähen. Minus neun Grad zeigt das Thermometer. Und hauchzart liegen weiße Flocken zwischen kurzenStoppeln auf dem hart efrorenen Boden. Sie machen Manfred Kegel die Arbeit gerade unmöglich.Denn für seinen Job, sein Ehrenamt um es genau zu sagen, braucht er freie Sicht auf den Acker. Der 71-Jährige ist Bodendenkmalpfleger. Was sperrig klingt, ist für den gebürtigen Niederlausitzer das Spannendste schlechthin. Und eigentlich ist er auch eher Denkmalsucher. Auf den Äckern zwischen Hoyerswerda und der Neiße ist er unterwegs. Furche für Furche läuft er ab. Den Blick suchend auf die Erde gerichtet. Immer wieder findet Manfred Kegel, was andere kaum sehen oder als wertlos abtun würden.Der frühere Bauingenieur erspähtdas Wertvolle im Unscheinbaren, den Schatz im Acker. Probeweise hält er sein GPS gegen den blaukalten Winterhimmel. Wie ein Handy sieht es aus. Auf fünf Meter genau zeigt es Manfred Kegel, wo er ist. Oder besser, wo er etwas gefunden hat. Unter seinen Füßen, auf den umgepflügten Feldern,  die der Regen schon eine Weile ausgewaschen, der Wind ordentlich überweht hat – dort wo jetzt frischer Schnee knirscht.

Zum Auftakt bunte Scherben

 1981 war es – da hat Manfred Kegel Feuer gefangen. Bei einer Ausstellung in Hoyerswerda. Ein Bodendenkmalpfleger zeigte seine Fundstücke. „Ich war begeistert. Wollte das auch machen“, erinnert er sich. Also ist er mitgegangen. Raus auf die Felder und in wachsende Tagebaue wie Scheibe und Reichwalde.Bunte Scherben waren die ersten Ergebnisse seiner Sammelarbeit. „Das konnte ich alles wegschmeißen“, erzählt er mit einem Lachen. Denn die Bruchstücke der Vergangenheit aus Stein- und Bronzezeit, auf die es ankommt, sind graubraune Keramikscherben, Knochen und Feuersteine. Heute hat der Lausitzer einen Blick für das Besondere;über 10000-mal hat er es schon entdeckt. Sich Hunderte Male mehr danach gebückt. Mit Erlaubnis sogar danach gegraben, Gräberfelder mit erforscht. Eine bis zu 12 000 Jahre alte Rückenspitze aus Feuerstein ist sein ältester Fund bislang. Manfred Kegel ist einer von 120 in Sachsen und etwa 30 in der Oberlausitz. Ehrenamtliche, die leisten, was im „Dienstalltag der Berufsarchäologen nicht zu schaffen ist“, sagt Stefan Krabat vom Landesamt für Archäologie. Er schätzt die Arbeit dieser Engagierten und kommt darum morgen nach Kamenz zum Treff der Bodendenkmalpfleger, um sie über Aktuelles aus der Landesarchäologie zu informieren. Auch Manfred Kegel wird da sein. Vielleicht gibt es neue Flecken für ihn. Sobald es geht, will er wieder raus. In Tüten seine Funde sammeln.Messen, wiegen, bezeichnen, vergleichen. Und zu Hause Schublade um Schublade mit Scherben und Steinen füllen – sind die Fächer voll, gibt er die Stücke ab. Was er findet, gehört dem Land Sachsen. Als Ergebnis seiner Arbeit bleibt ihm eine Flut von grünen Punkten auf Landkarten im Computer: Fundstellen. Hunderte pro Feld. Oft nur fingerkuppengroße Stücke. Und geht es nach Manfred Kegel, kommen noch Tausende.

Veröffentlicht: Sächsische Zeitung vom 22. Februar 2011, Lausitzer Leben.

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