Hoyerswerda - die Stadt der Franziska Linkerhand, und ihre Gäste

Mitglieder der Feministischen Bibliothek Leipzig beim Reimann-SpaziergangStädte verändern sich wie die Menschen, die sie ihre Heimat nennen. Hoyerswerda wuchs seit 1955 mit Kombinat Schwarze Pumpe. Die dort arbeiteten, neue Berufe erlernten, wollten beheimatet sein, suchten „eine Stadt, die ihnen mehr bietet als einen umbauten Raum, in dem man Tisch und Bett aufstellen kann“, wie der Architekt Landauer im Roman „Franziska Linkerhand“ sagt. Die Zeitung „Lausitzer Rundschau“ folgte der Schriftstellerin Brigitte Reimann und fragte nach jenem „mehr“ mit einer Leserbriefserie unter dem Titel “Kann man in Hoyerswerda küssen?“ Die Leser antworteten bestätigend, heiter, empört oder ironisch. Dennoch: Das Jugendklubhaus Ossi wurde errichtet, die Bautzener Allee erhielt die Linden, die sie heute als grüne Schirme begleiten, das Centrum-Warenhaus, das Klinikum öffneten ihre Türen und Dr. Herbert Richter, Generaldirektor des Kombinates Schwarze Pumpe, ließ das „Haus der Berg- und Energiearbeiter“, heute die Lausitzhalle, erbauen. Freiwillig verwirklichten seit Ende der 50er Jahre ehrenamtlich unzählige Bürger die Idee von Günter Peters, um das Schloss herum einen Tiergarten zu schaffen. Als Zuchtzoo nimmt er seit längerer Zeit am Internationalen Programm an der Erhaltung seltener, vom Aussterben bedrohter Tierarten teil. Seit den neunziger Jahren wandelt sich die Stadt erneut. Viele Bürger nutzen die endlich erlangte Freizügigkeit oder ziehen der Arbeit nach wie einst ihre Eltern/Großeltern als sie nach Hoyerswerda kamen. „Die Kohle geht zuende, vielleicht ist Hoy. in zwanzig Jahren eine Geisterstadt wie die verlassenen Goldgräber-Siedlungen“, vertraute Brigitte Reimann bereits am 9. August 1968 ihrem Tagebuch an.
Vierzig Jahre nach dem frühen Tod der freimütigen Schrifttellerin hat sich ihre düstere Vorausschau nicht bewahrheitet. Hoyerswerda lebt! Unsere Aufgabe heißt, die kleiner gewordene Stadt nicht zu verlassen, sondern vielmehr das Miteinander weiterhin interessant, anregend, lebenswert für nächste Generationen in die Zukunft zu führen. Die Brigitte Reimann- Spaziergänge durch Hoyerswerda, die der Kunstverein vor mehr als einem Jahrzehnt begann, erinnern an Pläne und Ideen der einst unter schwierigeren Verhältnissen hier Tätigen. Dabei führen an Orte, von der die Autorin spannende Geschichten erzählt, und am Menschen erinnert wird, die hier wirksam waren. Dann wecken die Dialoge den Eindruck, als beteiligte sich die Autorin – vehement wie einst. Ihre Fragen sind unsere Fragen, sie werden es auch für Nachfolgende und Neuhinzukommende bleiben.
Germanistik-Professorin Dr.Sylvia Fischer vom St. Olaf College in Minnesota (USA) mit ihrem MannHoyerswerda und eine Romanschöpferin Brigitte Reimann locken Gäste aus den großen deutschen Städten, aus allen deutschen Ländern an. Studenten und ihre Professoren aus England, Holland, Frankreich, Spanien, Italien, Schweden, Kanada und die USA wandern mit uns durch die Stadt, fragen und erzählen von ihren Arbeiten über die Autorin und deren Bücher. Sie erkennen Hoyerswerda als „die Stadt der Franziska Linkerhand“ und berichten von Aufgaben und Plänen in ihren Wohnorten, die sich inhaltlich nicht von den unseren unterscheiden.

Wir können voneinander lernen, da bestätigen Professor Artur Schlegelmilch aus Hagen/Westfalen wie Professorin Sylvia Fischer, die am St. Olaf College in Minnesota/USA lehrt und ihr Buch „Erkundungen zu Heimat in Literatur und Film der DDR der 50er und 60er Jahre“ übergab. Brigitte Reimann räumt sie darin einen gewichtigen Platz ein.
Viele Besucher aus fernen Ländern gestehen wie auch kürzlich Gymnasiasten aus unserer Stadt:“Sie haben uns neugierig auf Brigitte Reimann gemacht“. Wir müssen wiederkommen. Was könnte Hoyerswerda Besseres geschehen, auch wenn die Schüler stolz auf ihre Schulstadt sind wie einst Konrad Zuse? 

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