Nur wer erwachsen wird und Kind bleibt, ist ein Mensch.

Helene Schmidt und Angela Potowski v.l.

Helene Schmidt, Angela Potowski und Martin Schmidt lesen Texte zum Thema Schule unter dem Motto "Der Mensch soll lernen, nur Ochsen büffeln".

Gelernt, gebüffelt, eingebläut, gebildet wird in der Schule - oder auch nicht. In diesem Spannungsfeld zwischen Sollen und Wollen kennen wir nicht nur unendlich viele Schülerwitze, auch die Dichter wurden inspiriert zu heiteren und nachdenklichen Geschichten. Von diesen waren im sommerlich warmen Schlosshof Erich Kästner, Ludwig Thoma, Hermann Hesse, Siegfried Lenz und Thomas Mann zu hören, gewürzt mit heiteren Sentenzen zur Lebensweisheit von Eugen Roth, die Martin Schmidt ausgewählt hatte.
Helene Schmidt und Angela Potowski lasen, wie immer, mit viel Humor und Können die Texte so, dass die Zuhörer nicht nur hörten und lachten, sondern auch mitfühlten. Wer kennt sie nicht, die Lausbubengeschichten des Ludwig Thoma, der seinen Lehrern zum permanenten Ärgernis wurde. Bei der ausgewählten Geschichte allerdings war dem Ludwig nicht zum Lachen. Er musste bei Familie Vollbeck und deren Mustertochter Gretchen zum Antrittsbesuch erscheinen, um Lern-Unterstützung von Gretchen zu erbitten. Das ganze wird für ihn und seine Mutter derart zum Desaster, dass die Mutter trotz der mehr als mäßigen Zensuren ihres Sprösslings am Ende sagt: Armer Junge, du wirst das nicht durchmachen müssen! Ähnlich Nachdenkliches ist auch bei Hermann Hesse zu erfahren. Bringt Bildung und Aufstieg in höher Ämter nun Fortschritt oder Verfall? Eine allgemein gültige Wahrheit gibt es nicht, die Wahrheit muss gelebt und nicht doziert werden.
Vorwiegend aber waren die Geschichten heiter und das Lachen auf Seiten der Schüler oder des Dichters, selten auf der der Lehrer. Dazu gehört der Lehrer Fritsche bei Erich Kästner, der seit Lesung des Kunstvereins zum Thema Schule im Schlosshof HoyerswerdaJahrzehnten den gleichen Scherz an der gleichen Stelle anbringt und sich wundert, dass keiner lacht. Bei Siegfried Lenz erteilt der Lehrer Egon Boll in den tiefsten Masuren seinen Schülern seinen "Dienst am Geist" in praktischem Unterricht. Biologie und Mathematik sollen sie bei der Arbeit auf seinem Misthaufen, seinem Acker und beim Ausheben einer Grube für das Klohäuschen üben, als eine Inspektion eintrifft und die Schüler prüfen will. Ärger bei den Erwachsenen und Spaß bei den Schülern sind vorprogrammiert. Thomas Mann lässt den gehänselten, sentimentalen Hanno Buddenbrook eine Religionsstunde erleben, eine gefahrlose und friedvolle Morgenstunde, eingelullt in dumpfe Traumseligkeit von der monotonen Stimme des Lehrers im Verein mit der Wärme und dem "gelinden Sausen der Gasflammen".
Nicht nur Heiteres findet sich bei Erich Kästner, ebenso Bitteres und Nachdenkliches zum Thema Schule. Berühmt ist seine Rede an die Neulinge in der Schule: "Bisher wart ihr kleine Früchtchen, doch nun sollt ihr Spalierobst werden." Er selbst hat erst sehr spät bemerkt, dass er beinahe zum Musterknaben geworden wäre. Inzwischen weiß er, dass Leben ist mehr als Kopf und Geist. "Vergesst Eure Kindheit nicht!... Nur wer erwachsen wird und Kind bleibt, ist ein Mensch. Wer weiß, ob ihr mich verstanden habt. Die einfachen Dinge sind schwer begreiflich zu machen... Geht heim, liebe Kinder. Wenn ihr etwas nicht verstanden haben solltet, fragt Eure Elter! Liebe Eltern, wenn Sie etwas nicht verstanden haben sollten, fragen Sie ihre Kinder!"

Mit freundlicher Genehmigung von Sächsische Zeitung, Hoyerswerdaer Tageblatt

 

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