Zu Gast beim Kunstverein Hoyerswerda war Dr. Wessig aus Görlitz mit einem weiteren Beitrag zur Reihe „Grenzgänge“. 

Tadeusz Rozewicz

Im Mittelpunkt des Abends stand der polnische Schriftsteller Tadeusz Rozewicz.
Tadeusz Rozewicz, geboren 1921, ist bekannt geworden als Lyriker, als Dramatiker, Drehbuchautor und als brillanter Erzähler. Heute lebt er in Wroclaw. Und bis heute hat er nichts von seinem Realitätssinn eingebüßt und von seiner Meinung, dass der Schriftsteller die Pflicht habe, Position zu beziehen.
Dr. Wolfgang Wessig führt gekonnt und gut vorbereitet durch Leben und Werk des Dichters, In seinem „Ein-Mann-Theater“ inszeniert er mehrere Erzählungen und Gedichte, die das Publikum betroffen machen. Vorrangig sind es Dichtungen, die mit der Zugehörigkeit von Tadeusz Rozewicz während des zweiten Weltkriegs zu den polnischen Partisanen verkettet sind. Nicht erzählt werden heroische Taten, erzählt wird von den Niederlagen des einzelnen im tiefsten Inneren und vom ganz zufälligen Tod. Da verkauft einer die Giftpille, die für einen gefolterten Genossen im Gefängnis bestimmt war und geht für das Geld zu einer Hure. Drei Partisanen müssen sich in der Erzählung „Das Laub ist gefallen“ unentdeckt zu ihrer Truppe begeben. In einem Bauernhaus spüren sie beim Anblick von Stube und Bett eine grenzenlose Sehnsucht nach menschlicher Wärme und Geborgenheit, doch sie müssen weiter und auf dem Weitermarsch stirbt einer von ihnen einfach so. Und diese Nachricht muss nun dessen Familie überbracht werden. Das Menschliche wird zum Entsetzen.
In der Erzählung „Beim Bier“ sitzt Henryk in einem Restaurant einem „ Dickwanst gegenüber, der frisst und trinkt, frisst und trinkt und sonst nichts“. Das macht Henryk jähzornig und aggressiv, weil Henryk bei den Partisanen gekämpft hat und jener eben nicht. Was Henryk aber verschweigt ist, dass sich sein Zorn eigentlich gegen sich selbst richtet. Er hat vor langer Zeit in einer Bahnhofshalle auf seine Mutter gewartet, die von einer Hamstertour für die Familie zurückkam. Und als er sieht, dass sie von einem Uniformierten geschlagen wird, bleibt er bei seinem Bier sitzen und trinkt und hilft ihr nicht. Er kann damit nicht fertig werden, nur im Traum bringt er den Schläger um. Und die Mutter sagt später, ich hatte solche Angst, dass du aufstehen würdest.
Den Müttern und alten Frauen, setzt Rozewicz in seinen Dichtungen ein bleibendes Denkmal, sie sind diejenigen, die in Friedens- wie in Kriegszeiten kochen, waschen und trösten, sie sind der Maßstab uneigennütziger Menschlichkeit, sie bewahren das Alltägliche als kostbaren Besitz. Sie sind die Garantie für die Unzerstörbarkeit der Menschheit und ihre Wahrheit ist die einfachste und menschlichste.

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