Der XXVIII. Teil der Gesprächsreihe Christentum unter der bewährten Leitung von Helene Schmidt ein weiteres Mal zum Thema „ Psalmen“ statt.

Das Lied wird nicht mit der Feder in der Hand geschaffen, nicht auf dem Papier, nicht mit strengster Berechnung, sondern im Wirbel, im Selbstvergessen, wenn die Seele tönt…

Diesen Satz liest man bei Nikolai Gogol über das russische Lied. Und da es sich bei den Psalmen um Lieder handelt, trifft dieser Satz hier mehr als anderswo zu. Die Sänger der Psalmen reden selbstvergessen in ihrem Lob und Dank, geborgen und ruhig in ihrem unerschütterlichen Wissen um die Nähe ihres Gottes Jawe, andererseits auch anklagend und fordernd gegen Gott und zweifelnd an ihrem eigenen Handeln und Tun. Singend beantworten sie in der Gemeinschaft die Fragen nach Sinn und Zweck des Lebens.

Wenn man bedenkt, dass die Psalmen etwa 500 Jahre vor der Zeitrechnung entstanden sind, darf uns das schon wundern. Zu dieser Zeit waren „die alten Germanen noch nicht einmal zu beiden Ufern des Rheins“ angekommen, geschweige denn waren sie mit Fragen nach dem Sinn des Lebens beschäftigt, noch damit, die Natur und die Schöpfung als Wunder zu betrachten. Solcherart aber sind die Gedanken, die in den Psalmen zum Ausdruck gebracht werden.
„Ich freue mich, nach deinen Zeugnissen zu wandeln, mehr als an allem Besitz. Über deine Ordnungen will ich nachsinnen, will deine Pfade anschauen. An deinen Satzungen habe ich meine Lust, dein Wort will ich nicht vergessen.“
Wort und Weisung sind ihnen Pflicht und Lust zugleich. Diese Werteauffassung erscheint in der Zeit der Antike einmalig. Was wir finden aus hinterlassenem Schriftgut der Sumerer, Ägypter und Griechen sind Berichte über geschichtliche Ereignisse, sind Beschreibungen zum Beispiel über die Irrfahrten Homers, sind Verträge oder Aufzählungen von Herrscherfamilien, nie aber so ein intensives Nachdenken über den Platz im Leben eines jeden einzelnen.

Die Gesprächsteilnehmer müssen bei Helene Schmidt oft ganz schön schwitzen, denn so ohne weiteres erschließen sich die Texte auch heute nicht. Eines aber ist immer zu spüren,
ob in hebräischer Sprache, ob in der Übersetzung Luthers oder in modernen Texten- die rhythmisch – musikalische Sprache der Psalmen.
Wie die Melodien zu den Psalmen geklungen haben, ist nicht überliefert, aber es gibt unzählige musikalische Fassungen aus allen Jahrhunderten und es werden weitere hinzukommen.

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