Zu Gast am Kamin war Rosemarie Radecke, Berlin, mit einem Vortrag über Marc Chagall und es wurde ein Erlebnis für alle Sinne.

Die Fülle von Geschichten und alltäglichen Begebenheiten, die Marc Chagall in seinen Bildern erzählt, versuchte Rosemarie Radecke dem Zuhörer zu erschließen. „Ich weiß nicht, ob die Farbe mich erwählte oder ob ich sie erwählte“, sagt Chagall von sich selbst und so sind die Farben auch immer ein bestimmendes Element seines künstlerischen Schaffens.

Sein Lebensweg beginnt in Russland in dem kleinen Städtchens Witebsk, führt über Petersburg nach Paris, zurück nach Witebsk. 1922 übersiedelt er mit Frau Bella und Tochter Ina nach Berlin, 1923 nach Paris, 1937 wird er französischer Staatsbürger. Neunundfünfzig seiner Bilder werden in Deutschland als entartete Kunst eingestuft und vernichtet. Aus diesem Grund verlässt er Paris und geht in die Provence. 1941 ist er auch hier nicht mehr sicher, deshalb emigriert er nach New York. 1944 stirbt Bella und mit ihr sein Lebensmittelpunkt. Erst 1948 kehrt er wieder nach Frankreich zurück. 1952 heiratet er Vava Brodsky. In Saint-Paul-de-Vence stirbt Chagall 1985.

Er hinterlässt ein umfangreiches Werk, was in seiner Fülle fast menschenunmöglich erscheint. Wichtig in all den Jahren bleibt ihm „sein Judentum und seine Mutter Erde, aus der er Früchte ernten kann“. „Wäre ich nicht Jude, wäre ich auch kein Künstler“ Er erzählt in seinen Kunstwerken kleine und große Begebenheiten, Geschichten aus der Bibel und aus der Weltliteratur, er setzt sich mit der Revolution, mit dem Krieg und mit dem Völkermord auseinander.

Chagall erzählt diese Geschichten detailgetreu und wahr; und doch haben alle Bilder einen eigenen inneren Glanz, der sie unverwechselbar macht. Es sind die Farben und es sind Poesie und Mystik, die in Übereinstimmung miteinander diesen Zauber bewirken.
„Wenn er malt, weiß man nicht, ob er schläft oder ob er wach ist, irgendwo in seinem Kopf muss er einen Engel haben“, schreibt Pablo Picasso über ihn.
Die Liebe Chagalls zu Bella findet sich in vielen Bildern wieder, das Paar schwebt in inniger Übereinkunft in Freud und auch im Leid, eingebettet in Symbole des jüdischen Glaubens, in die Landschaften von Witebsk und Paris.

Ein besonderes Genre Chagalls sind die berühmten Glasfenster, die in aller Welt zu finden sind. Rosemarie Radecke wählte aus der Vielzahl die Fenster im Dom zu Mainz aus.

Dargestellt werden die Geschichten des Alten Testaments vorzugsweise in einem wunderschönen Blau und in den Farben Gelb und Orange. Da ist Moses mit den Gesetzestafeln zu sehen, ein immer wiederkehrendes Motiv auch in vielen seiner Gemälde, denn das Gesetz ist im jüdischen Glauben Anlass zu Freude und Ehrfurcht. Da begegnen uns die Propheten neben Abraham, Jakob und Isaak, David und Saul. Erstaunlicherweise ist auch immer das Kreuz als Symbol des Leidens zu finden und Maria mit dem Kind. Die Fenster „sollen das Ideal von Brüderlichkeit und Liebe ausdrücken“, so beschreibt Chagall sie selbst und sie spiegeln seinen Willen zur Versöhnung wider trotz aller Grausamkeiten, die „meinem Volk angetan wurden, als meine Brüder an Stricken in die Öfen gezogen wurden von den Söhnen Cranachs und Holbeins.“

Wenn die Zuhörer irgendwann nach Mainz, New York, Zürich oder Jerusalem kommen, werden sie die Glasfenster des Marc Chagall suchen und bewundern; sie werden sehen, „wie die Fenster am Morgen mit dem Licht der Sonne erwachen und am Abend mit der Sonne untergehen.“

 

 

 

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