Der XXVI. Teil der Gesprächsreihe Christentum

 Unter der bewährten Leitung von Helene Schmidt zum Thema - Thomas von Aquin (1225 -1274).

„Sie hob die Zeitschicht ab, wie man ein Medaillon öffnet.“ Dieser Satz vom Brigitte Reimann könnte an diesem Abend für Helene Schmidt als Motto gedient haben. Die Zeitschicht, die uns von Thomas von Aquin trennt, ist immerhin fast 800 Jahre dick. Das Öffnen eines Medaillons geschieht behutsam und weckt Neugier auf das, was zum Vorschein kommt. So auch an diesem Abend.
Europa beim Übergang von der Antike zur Neuzeit
Mehr als der Name „Thomas von Aquin“ war den meisten Zuhören bisher nicht bekannt. Durch die anregende Darstellung von Helene Schmidt wird ein Mensch lebendig, der seiner Zeit durch seine Aktivität und sein Wissen neue Impulse gegeben hat, die teilweise noch bis heute Gültiges enthalten.
Thomas von Aquin wird 1225 geboren, in der Nähe von Neapel in einer Familie des Hochadels in der Zeit des „Heiligen Römischen Reiches“ als die Machtkämpfe zwischen Kaiser und Papst zugunsten des Papstes entschieden waren.
Sein Bildungsweg wird deshalb von der Kirche bestimmt werden, er beginnt in einer Klosterschule und führt an die Universitäten von Neapel und Köln. Thomas studiert philosophisch – theologische Fächer ebenso wie Naturwissenschaften. Er lehrt später an den Universitäten von Paris und Neapel die Fächer Theologie und Kunst. 1274 stirbt er im Alter von 49 Jahren. 1323 wird er heilig gesprochen, nicht wegen eines Wunders, sondern aufgrund seiner bedeutenden theologischen Schriften.
Man muss sich in die damalige Zeit zurück versetzen, Europa ist ein Großreich, es gibt bereits eine Vielzahl von Universitäten, die umfassendes Wissen aus dem griechischen, römischen und arabischen Kulturkreis vermitteln, man lehrt und forscht auf hohem Niveau, disputiert in Rede und Gegenrede nach griechischem Vorbild.
Am Rande sei bemerkt, dass Hoyerswerda erstmals 1268 als Ackerbaudorf urkundlich erwähnt wird, von Bildungseinrichtungen ganz zu schweigen.
Aristoteles als Vorbild
Das Weltbild des Aristoteles fasziniert Thomas von Aquin besonders. Er veranlasst Übersetzungen direkt aus dem Griechischen ohne den Umweg über das Arabische und baut seine eigenen Vorstellungen von dem, „was die Welt im Innersten zusammenhält“ im
Wesentlichen auf Aristoteles auf. Dieser sagt, der Zweck des Menschen sei es, logisch zu denken und das in Übereinstimmung mit Sitte und Tugend. Alle Dinge in der Natur seien auf ein Ziel gerichtet, der Mensch folgt diesem Ziel anhand wissenschaftlicher Überlegungen.
Thomas von Aquin
Thomas von Aquin versucht nun Philosophie und Wissenschaft und seinen christlichen Glauben zu einer „Glaubenswissenschaft“ zu vereinigen und formuliert 5 Wege zum Beweis für die Existenz Gottes in seiner Schrift „Summa theologica“. „Die Welt unterliegt der Veränderung. Es muss etwas geben, was diese Veränderung bewirkt, sich selbst aber nicht verändert.“ Dieser „Beweger“ ist Gott, schlussfolgert er, und „der Mensch erlebt durch Erkenntnis die Schau des göttlichen Wesens“.
Nicht zu verschweigen ist aber auch sein Eintreten für die „Unfehlbarkeit des Papstes“, was uns heute unverständlich erscheint und zu seinem Gottesbild eigentlich im Widerspruch steht, ebenso, dass er sich zu den Kreuzzügen nicht äußert - die letzten drei Kreuzzüge finden noch zu seinen Lebzeiten statt.
Wirkung über die Jahrhunderte
Bei vielen Theologen finden sich später Gedanken des Thomas von Aquin wieder. Fast könnte man glauben, der Atheist Karl Marx hat ähnliche Denkmuster benutzt, er ersetzt den christlichen Glauben durch den Glauben an die gesetzmäßige Entwicklung der Gesellschaft und vereint diesen mit Philosophie und Naturwissenschaft der Neuzeit zu einer neuen „Gesellschaftswissenschaft“.
Wie wir sehen, lohnt es sich, geheimnisvolle Medaillons zu öffnen, etwas Spannendes findet sich immer.
Der nächste Gesprächsabend „Christentum“ findet am 1. März 2005 statt.

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