Ulrich Tempel, Archivar an der Forschungsstätte „Topographie des Terrors“, Berlin, spricht über seine Wahl-Heimat Berlin.

Ulrich Tempel

Landläufig gelten Archivare als verstaubt und trocken, weil die Dinge mit denen sie umgehen eben so sind, verstaubt und trocken, und damit langweilig. Wer aber zum Vortrag von Ulrich Tempel gekommen war, wurde vollends eines Besseren belehrt. Jugendlich frisch, mit Witz und einer gewissen Selbstironie erzählte, oder besser gesagt rezitierte er seine Erlebnisse und Erfahrungen, die den Zeitraum der letzten 20 Jahre in Berlin widerspiegeln und gleichzeitig die 750-jährige Geschichte der Stadt durchscheinen lassen. 
Jeder Berliner, so Ulrich Tempel, konstruiert seine eigene Stadt. Er selbst vermittelt sein Stadtbild wie eine Wanderung durch Raum und Zeit ganz im Sinne großer Vorgänger wie Seume oder Pückler, indem er das Andere und den Anderen sucht und sein Gefühl für Architektur und Kunst, Land und Leute in einer fast lyrischen Sprache vermittelt. Es sind nicht die spektakulären bekannten Sehenswürdigkeiten allein, die Ulrich Tempel für sehenswürdig hält, sondern auch die kleinen, die für Berlin prägend sind: die eigene Wohnung im 1. Hinterhof eines Gründerstadtviertels, das Multikulti- Leben in Kreuzberg, der Hausvogteiplatz mit den unterschiedlichsten Prägungen von Architektur über mehr als hundert Jahre, die Bucht der Spree in Rummelsburg, die Szeneviertel im Prenzlauer Berg und die Kleingärten, zu denen der Berliner noch immer ins Grüne fährt.

Am Gendarmenmarkt

Diesen räumlichen Wanderungen werden die zeitlichen eingefügt, Studium vor und nach der Wende, der Grenzübergang Berlin- Friedrichstraße vor dem Mauerfall, der 9. November 1989, ausgerechnet nicht in Berlin, sondern während der ersten Reise in die Bundesrepublik und die Erfahrungen im Beruf mit Bibliotheken und Archiven sowie mit seiner ehrenamtlichen Tätigkeit bei „ Aktion Sühnezeichen Friedensdienste“.
Nicht unerwähnt blieben natürlich die kulturell wichtigen Ereignisse wie die Berlinale am Potsdamer Platz, die Konzerte in der von Hans Scharoun gebauten Philharmonie und die Fußballweltmeisterschaft.
Man könnte sich vorstellen, diese Wanderungen in zweierlei Hinsicht fortzusetzen, zum einen durch Reisen nach Berlin selbst, zum anderen dadurch, dass Ulrich Tempel ein weiteres Mal in seiner Heimatstadt Hoyerswerda liest.

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