Karriere um jeden Preis?

Uwe Jordan liest "Mephisto" von Klaus Mann

Uwe  Jordan liest "Mephisto" von Klaus Mann beim Hoyerswerdaer KunstvereinDer Roman "Mephisto" von Klaus Mann (1906-1949) sorgt mit seinem Erscheinen im Jahr 1936 beim Exilverlag Querido in Amsterdam für kontroverse Diskussionen, die bis heute dauern. Es gibt harsche Gegner und vehemente Befürworter. Uwe Jordan hat in einer beeindruckenden Lesung Szenen aus dem Buch vorgestellt.
Sicher gereicht es dem Roman zum Nachteil, dass Klaus Mann ganz bewusst die realen Personen hinter der Geschichte zu erkennen gibt. Es handelt sich um den brillanten Schauspieler Gustav Gründgens und die Mächtigen im Deutschen Reich während des Nationalsozialismus. Doch wenn man diesen Umstand einmal ausblendet, findet man ein sehr menschliches Buch vor, geschrieben in einer sensiblen, klaren Sprache, die Ihresgleichen sucht.
Es ist die Geschichte eines Berufenen, des Mimen Hendrik Höfgen, der von der Sucht nach Ruhm und Anerkennung getrieben wird und alles in seinem Leben diesem Gedanken ichsüchtig unterordnet. Wenn man genau liest, kommt uns dieses Verhaltensmuster sehr bekannt vor, es findet sich in allen Gesellschaftsbereichen der Menschheit wieder. Nicht zuletzt bei jedem von uns selbst, diesen Aspekt gibt Uwe Jordan zu bedenken, wenn es um Urteile geht.
Doch solange es Literatur gibt, spielt auch das Faustthema eine Rolle. Der Mensch mit den zwei Seelen in seiner Brust, mit seiner Sucht nach Lorbeer und Anerkennung, die nur gelegentlich von einem Wunsch nach Nächstenliebe gelindert wird.
Und wenn man genauer hinsieht, sind die tiefgründig geschrieben Szenen des Buches, die Uwe Jordan auswählte, auf jeden Menschen anwendbar, für den einen mehr, für den anderen weniger. Es ist anzunehmen, dass sich Klaus Mann selbst in diesem Dilemma gesehen hat, auch ihm war der Wunsch nach Anerkennung durch den Vater und durch die Nachwelt nicht fremd.
Doch nun zum eigentlichen Roman. Hendrik Höfgen beginnt seine Schauspielkarriere in Hamburg, weiß aber spätestens nach der Machtübernahme Hitlers, von der er in Paris erfährt, dass der ganz große Ruhm nur in Berlin winkt. Seine Überlegungen, wie er es anstellen könnte, dass er dort willkommen sei trotz einer "kulturbolschewistischen" Vergangenheit, sind so virtuos in Sprache umgesetzt, das es beinahe einem faustischen Monolog gleicht. Allerdings waren Hendrik Höfgen im Laufe der Jahre die Fragen nach dem,  "was die Welt im Innersten zusammenhält", abhanden gekommen. 
Nachdem er die vielen Für und Wider zugunsten eines Für entschieden und eine Freundin ihm den Weg ebnet, landet er in Berlin und trifft Linda Lilienthal wieder, die etwas farblose Aktrice aus Hamburger Zeit, die sich ihn sehnlichst als Partner auf der Bühne wünscht. Nicht zufällig ist sie die Frau des "Fliegergenerals", der das Theaterleben in Berlin bestimmt. Und nur über sie kann Höfgen Zugang zu den Mächtigen erlangen. 
Wie Klaus Mann die Beziehung der beiden beschreibt, in der Höfgen ihr vermittelt, nur sie zu begehren und es ihn die größte Überwindung koste, zu verzichten, da sie ja die Frau eines anderen ist, zeugt auch davon, dass Klaus Mann trotz allem die Schauspielkunst Höfgens bewundert und auch seine Art, diplomatisch zu agieren. Vor allem, da man weiß, dass Höfgen Frauen mit Geist und Esprit verehrt und diese Linda Lilienthal der blanke Gegenentwurf zu diesen ist, ahnungslos und kitschig sentimental.
Die Sprache von Klaus Mann spürt diesem Kalkül Höfgens bis in die letzten Winkel der Seele nach und lässt keinen Zweifel daran, dass Höfgen dieses Kalkül als echtes Gefühl "mimen" kann. Einfach großartig.
Eine weitere, stark beeindruckende Szene des Romans, spielt in der Loge des Theaters, in dem Hendrik Höfgen mit der Rolle des Mephisto in Goethes Faust brilliert. Der frühere Fliegergeneral und nunmehrige Ministerpräsident bittet ihn in der Pause zu sich und lobt ihn lautstark vor allem Theaterpublikum, ihm sei, als habe er Mephisto erst heute richtig verstanden, Mephisto ist ein deutscher Nationalheld!
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Höfgen geglaubt, dass er die Macht zu seinen Gunsten verführen könnte. Doch in dem Moment, als der "Dicke" ihm die Hand drückt, begreift er, dass er den Geist an die Macht verraten hat. " Jetzt habe ich mich beschmutzt ... Jetzt habe ich einen Flecken auf meiner Hand, den bekomme ich nie mehr weg... Jetzt habe ich mich verkauft... Jetzt bin ich gezeichnet." Diese Sätze verraten neben einer ganz persönlichen Anklage aber auch Mitgefühl des Autors Klaus Mann für einen, der ein Getriebener war und doch nur ein großartiger Schauspieler sein wollte, dem die Rolle des Mephisto auf den Leib geschrieben schien und der sich einem teuflischen Regimes trotz besserem Wissen andiente.
Uwe Jordan verführte seinerseits die Zuhörer dazu, das Buch nun komplett lesen zu wollen. Dank dafür.

Beim Hoyerswerdaer Kunstverein wird über "Mephisto" von Klaus Mann diskutiert.

 

 

 

 

 

 

 

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