Musik des 19. Jahrhunderts im Kontext mit Bildern von Kurt Klinkert

Uwe Jordan zu "Musik und Malerei" im Rahmen der Musikfesttage HoyerswerdaUwe Jordan erinnert an Kurt Klinkert (1927-2004), Maler in Hoyerswerda.
Es war eine gelungene Symbiose von Musik und Malerei im Rahmen der Hoyerswerdaer Musikfesttage. Bei der Auswahl der Bilder von Kurt Klinkert aus dem Fundus des Hoyerswerdaer Stadtmuseums hatte Uwe Jordan die Qual der Wahl. Aus Hunderten von Bildern musste er sich auf sechs davon beschränken, die er in Verbindung mit Musik von Bach, Schubert, Schumann und Astor Piazolla vorstellte.
Kurt Klinkert erfuhr an diesem Abend eine sehr persönliche Würdigung durch Uwe Jordan, da dieser als Redakteur der Sächsischen Zeitung sehr viele Berührungspunkte mit dem Maler hatte. Als Klinkert einmal gefragt wurde, wie er sich denn selbst sehe, als Maler oder als Historiker, war seine Antwort: Chronist. Und das trifft es sicher genau, zumal ihm das Reden über Bilder ein Graus war. Bilder treten in ein Zwiegespräch mit dem Betrachter, er redet nicht über sie. Seine Frau, Friedel Klinkert, war Gast des Abends, sie hat dafür gesorgt, das der Nachllass ihres Mannes sorgfältig verwaltet wurde.
Geboren wurde Kurt Klinkert in Friedland bei Breslau, seine Familie lebte in einfachsten Verhältnissen, früh verlor er die Mutter, der Vater war Waldarbeiter, seine Schulzeit verbrachte er in Dauban, wohin der Vater 1936 wegen kommunistischer Ansichten ausgewiesen wurde. Kurt lernte Waldarbeiter wie der Vater in der Herrschaft Muskau. Nach Kriegsdienst und Gefangenschaft verschlug es ihn zur SDAG Wismut und dann nach Schwarze Pumpe und Hoyerswerda. Wegen eines bei der Wismut erlittenen Rückenschadens konnte er hier nur noch als Anstreicher arbeiten. Das war sein Einstieg in die Malerei. Seine "Akademie" wurde der Mal- und Zeichenzirkel Schwarze Pumpe unter Anleitung von Kurt Dressler und andreren. Motive lagen praktisch vor der Haustür, die Arbeit beim Aufbau dieser riesigen Anlage für Strom- und Gaserzeugung und der Bau der neuen Stadt Hoyerswerda.
Die Zuhörer folgten nun an Hand der Bilder dem Lebensweg des Malers. Ein Portrait des Freundes, Günter Peters, des Tierparkdirektors, macht den Anfang. Das Bild fordert wirklich zum Dialog heraus, es zeigt Peters in seinem Tierpark, er lächelt dich verschmitzt an, was sagt, dass er dem Tierpark mit einigen Tricks zum Leben verholfen hat. Natürlich fehlt auch die von Brigitte Reimann erwähnte Baskenmütze nicht. Bei ihr heißt es so: "...Museumsleiter Kubitz – Maler, Heimatkundler, ein agiler kleiner Mann, immer mit Baskenmütze und aufwendig geschlungenem Schal, ...als er im Schloss Zellenwände und eingezogene Decken abreißen ließ, kam ein wunderschönes Kreuzgewölbe zum Vorschein", das die heutigen Zuhörer ihrerseits nun über sich bewundern konnten. Die "Spremberger Straße" der alten Stadt Hoyerswerda malt er in den 80er Jahren wie einen einladenden großen Boulevard, die Frauen tragen noch die sorbische Tracht und am Tor des ehemaligen Gasthofs "Zum Stern" wird der Betrachter durch eine Kutsche mit weißen Pferden an die Zeit erinnert, als hier die Sächsische Poststation ihren Sitz hatte.
Zwei weitere Bilder zeugen von einer beinahe vertrauten Atmosphäre der Arbeit beim Bau von Kraftwerk Schwarze Pumpe und dem Bau des damaligen Centrum-Warenhauses in Hoyerswerda-Neustadt. Hier weist Uwe Jordan auf das besondere Blau des Kurt Klinkert hin, das er großflächig verwendet für Nachthimmel auf einer Baustelle für das künftige Warenhaus und am Arbeitsanzug eines Meisters im Gaskombinat. Der Betrachter wird auf anheimelnde Weise einbezogen.
In Hoyerswerda gründete Kurt Klinkert einen Mal-und Zeichenzirkel, in dem er nun selbst der vermittelnde Inspirator wird. Ein farbiger Linolschnitt zeigt den Eifer junger Leute beim Erlernen des Malens vor ihrem gewählten Motiv, ein Blick auf Kran und Wohnungsbaustellen mit Sandhaufen im Vordergrund. Kurt Klinkert schafft mit seinen realistischen Bildern laut Uwe Jordan, Hunderte von fälschungssicheren Dokumenten mit allen Schicksalen und Verwirrungen dieser neuen Stadt, die nach 1989 mit dem Gegenteil leben muss, mit der Schrumpfung. Auch diesen Teil der Geschichte setzt Klinkert noch bis über das Jahr 2000 hinaus ins Bild.
Als sehr einfühlsam gestaltete sich der zweite Teil des Abends mit Musik, die schicksalhaft vom Leben der Komponisten Bach, Schubert, Schumann und Astor Piaszolla erzählte, am Klavier Florian Bischof, Viola Sebastian Wohlfahrt.
Besonders passend hatten sie die "Märchenbilder für Klavier und Viola" von Robert Schumann ausgewählt, die er am Ende seines Lebens in einer Klinik in der Nähe von Bonn schrieb, sein Leben in Musik gesetzt, unbeschwerte Jugend und Kindheit, das weitere Leben rasch mit wechselnden Stimmungen, danach langsam und am Schluss mit melancholischem Ausdruck. Keine Klage, eher ein selbstbestimmter Lebensweg mit phantastischen Höhen und mit Tiefen, die man aushalten muss, ähnlich dem Bau und Rückbau einer Stadt.
Eine musikalische Darbietung des Kammermusik-Duos Bischof und Wohlfahrt in sensibler Formvollendung, passend zum Thema des Abends und mit höchstem Lob vom Publikum bedacht.

Kammermusik-Duo Florian Bischof und Sebastian Wohlfahrt, v.l.Kurt Klinkert: Der Maler und Heimatforscher Günter PetersKurt Klinkert "Die Spremberger Straße" von Hoyerswerda in den 80er JahrenDas Blau von Kurt Klinkert in den Bildern " Baustelle Centrum Warenhaus" und "Meister im Gaskombinat", v.l. Ganz rechts einfarbiger Linolschnitt "Malzirkel im Gelände".

 

 

 

 

 

 

 

 

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