Interview mit Pfarrer Peter Paul Gregor aus Hoyerswerda über die Lage im Iran.

«In Persien habe ich die Bibel neu lesen gelernt» , sagt Peter Paul Gregor, Pfarrer der katholischen Gemeinde Hoyerswerda.

Herr Pfarrer Gregor, Sie bereisten im Jahr 2004 Persien, den heutigen Iran. Was hat Sie dorthin geführt«
Ich hatte während meines Einsatzes als Militärseelsorger im Kosovo in einer Militärberatung geäußert, dass ich gern einmal nach Persien reisen würde. Das wurde dem Militärattaché der deutschen Botschaft in Teheran mitgeteilt, und dann ging alles sehr problemlos und schnell. Ich war drei Wochen in Persien und habe dort 7000 Kilometer zurückgelegt, vor allem im Westen und Süden von Teheran. Den Osten in Richtung Afghanistan muss ich noch besuchen.
Haben Sie sich dort sicher gefühlt»
Die Reise war bestens organisiert. Wir fühlten uns sicher. Ich reiste zusammen mit meinem Freund, der wie ich bereits viele andere Länder besucht hatte. Unser Reiseleiter wusste gut Bescheid. Und der Fahrer des Autos, ein bekennender Moslem, war sehr freundlich und umsichtig. Außerdem erkundigte sich der Attaché regelmäßig nach uns.
Was war Ihr stärkster Eindruck«
Persien sieht anders aus, als wir es erfahren, das ist eine meiner Erkenntnisse. Die Perser kennen ihre Jahrtausende alte Geschichte sehr gut und sind beispielsweise heute noch stolz auf die Könige Kyros, Darius und Xerxes, die zwischen dem 7. und 4. Jahrhundert vor Christus herrschten und uns meist nur in Opern begegnen. Aber ich habe deren Bauwerke, Denkmale und Städte gesehen. Sie sind beeindruckend.
Sie sagen, Sie lernten die Bibel neu lesen.
Ja, denn die historischen Orte in Persien lehrten mich, die Botschaft der Bibel neu zu verstehen. Dadurch sah ich die Geschichte intensiver vor mir. Ich lese das Alte Testament – auch durch meine Reisen nach Israel – jetzt anders. Dabei ging es nicht nur um die Berichte zur Geschichte und deren Personen, sondern vielmehr um das Anliegen, das mit jenen Erzählungen vermittelt wird und das für uns heute noch gültig ist.
Sie sind verschiedenen Völkern und anderen Religionen begegnet»
Im Iran leben 54 Prozent Perser, Kurden, Luren und viele andere kleine Völker. Die Perser berufen sich auf die Parsen, zu denen der Prophet Zarathustra oder Zoroaster gehörte, der etwa 600 vor Christus die Religion des Parsismus oder Zoroastrismus verkündete. Diesen Feuerverehrern bin ich begegnet. Im 7. Jahrhundert nach Christus kam der Islam ins Land. Es gibt heute nur noch kleine Gruppen der christlichen Chaldäer, der Juden und manch anderer Glaubens-Gruppierungen. Persien war bereits sehr früh ein Vielvölkerstaat, während wir uns daran gewöhnen müssen, die Vielfalt der Welt, der Denk- und Glaubensweisen zu sehen. Wir verstehen andernfalls ein Land wie den Iran, seine Bürger und viele andere Zeitgenossen nicht. Die Perser sind ein stolzes Volk, das erwächst auch aus ihrem Geschichtsbewusstsein. Sie betonen ihren Unterschied zu den Arabern, auch die Muslime unter ihnen. Die Vorstellung, in Vorderasien seien alle Menschen Araber, ist falsch. Da bestehen sehr deutliche Unterschiede in Verhalten, Kultur, Geschichte, Wirtschaft . . .
Erwachsen daraus auch manche lautstark erhobenen politischen Forderungen«
Der Iran beansprucht die gleichen Rechte und Möglichkeiten wie seine Nachbarn Pakistan, Indien und andere, die die Atombombe besitzen. Jeder Politiker weiß jedoch, dass sie nicht benutzt werden kann, ohne sich selbst zu zerstören. Fest steht für mich allerdings auch, dass der Iran nicht durch Bomben erobert oder beeinflusst werden kann. Die Politik muss diplomatische Wege wählen. Die gegenwärtige Außenpolitik der Bundesrepublik könnte eine Möglichkeit sein.
In Gesprächen mit jungen Leuten habe ich erfahren, dass viele jener Generationen eine offene Welt wünschen, an der sie bereits teilweise durch Internet und Fernsehen teilhaben können. «Zwischen dem privaten und öffentlichen Leben in Iran herrscht eine tiefe Kluft» , schrieb heute Swantje Karich in einer großen deutschen Zeitung. Den Eindruck gewann ich auch, es ist manchmal erschreckend, auch wenn aus Sicherheitsgründen wenig erzählt wird.
Würden sie wieder nach Persien reisen»
Ich will noch das Land östlich von Teheran erkunden. Riesenstädte wie Teheran interessieren mich nicht, auch nicht die Stadt Quom mit ihrem mir unangenehmen geistigen Klima. Sie wird in Persien insgeheim «Mulla-Fabrik» genannt. Aber Menschen im Land, von denen ich auch einige Gesichter im Vortrag gezeigt habe, weil sie mich faszinieren, möchte ich wiedersehen. Wir müssen lernen zu differenzieren, das Urteil über Gruppen transportiert schnell Vorurteile. Wir müssen in jedem Volk den Einzelnen sehen. Meine Begegnungen in Persien ermutigen dazu.

Wir können von den Menschen, die in einer Diktatur leben, lernen, unsere eigene Geschichte zu nehmen, wie sie war und auch die Fehler in ihr als solche anzuerkennen, um diese nicht zu wiederholen. Mit liegt daran, Klischees zu vermeiden.
Mit Pfarrer Peter Paul Gregor sprach Martin Schmidt.

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