Ein goldenes Gut gestern und heute

Lesung von und mit mit Róźa Domašcyna  beim Hoyerswerdaer Kunstverein aus einer Sammlung sorbischer Märchen.

Róźa Domašcyna und Maria Matschie beim Hoyerswerdaer Kunstverein, (von links)Es gibt Momente, in denen man förmlich spürt, dass die Märchen ursprünglich nicht für Kinder gesammelt und aufgeschrieben wurden. Besonders eindrücklich ist das bei den sorbischen Märchen zu erleben, Lebenskunst und Lebenslust für alle. Es ist Moral, die gepredigt, aber nicht als solche wahrgenommen wird, weil der Leser sich unweigerlich mit den Klugen und Schwächeren identifiziert. In vielen der Märchen sind Tiere die Protagonisten, ausgestattet mit menschlichen Regungen und menschlichem Verstand, dieser scheint allerdings dem Menschen öfter abhanden zu kommen als den Tieren.
Im Domowina Verlag, Bautzen, erschien eine Sammlung sorbischer Märchen mit dem Titel "Das goldene Gut", was durchaus zweideutig zu verstehen ist, zum einen ist es der Titel eines der enthaltenen Märchen, zum anderen sind Märchen immer ein goldenes Gut für Geist und Seele. Róźa Domašcyna hat alte Märchen aus dem Sorbischen neu ins Deutsche übersetzt und solche, die ihr die Großmutter einst in Sorbisch erzählte, übertragen und aufgeschrieben, aufgeschrieben in ihrem unverwechselbaren lyrischen Duktus. Sie ist vielen Zuhörern und Lesern bereits aus ihren Gedichten und Essays zur sorbischen Kultur vongestern und heute bekannt.
Herausgeber der neuen Märchensammlung "Das golden Gut" ist der Domowina-Verlag Bautzen. Zu Gast war deshalb auch Maria Matschie, sie ist seit viel Jahren die Geschäftsführerin desselben. Der Verlag widmet sich in besonderem Maß dem Erhalt der sorbischen Sprache und neben sorbischen Märchen und Legenden auch der Geschichte der Sorben und der Lausitz. Bücher für Schulen und Kindergärten werden in großer Zahl herausgegeben, die sehr anschaulich der frühzeitigen Sprachförderung von Kindern dienen, und vieles andere an Büchern mehr.
Für die Lesung das Abends hatte Róźa Domašcyna  eine spannende Auswahl getroffen. Wir erleben den Kampf zwischen Füchsin und Wolf, der eigentlich kein Kampf, sondern eher eine hinterlistige Intrige der Schwachen gegen die Starken ist, eine ausgefuchste eben. Die Füchsin, die schon seit langem mit dem Wolf im Clinch liegt, wurde von diesem zum Kampf aufgefordert und sie weiß, dass der Bär und das Wildschwein den Wolf unterstützen werden. Sie braucht also dringend Verbündete. Die laufen ihr als Katze und Hund über Illustration von Jutta Mirtschin zum Märchen "Die Füchsin und der Wolf" aus der Sammlung sorbischer Märchen "Das goldene Gut".den Weg, weil sie soeben wegen ihres hohen Alters von ihren Herren verstoßen wurden und im Wald einsam vor sich hin jammern, die Füchsin gibt ihnen neuen Lebensmut und Kampfgeist. Nun würde das Ganze trotzdem ein ungleicher Kampf werden, die Niederlage wäre für die Füchsin vorprogrammiert. Sie schmiedet also einen listigen Plan und das Trio wird als Sieger den Platz verlassen. Mit weiteren Tücken sorgt sie dafür, dass Hund und Katze von ihren alten Dienstherren mit Freude wieder aufgenommen werden.
Natürlich kommen in vielen Märchen auch Könige und Prinzessinnen zu Wort und es zeigen sich verblüffende Ähnlichkeiten zu den Märchen der Gebrüder Grimm, was auf einen gleichen Ursprung hindeutet und auf eine große Erzählfreude landauf landab.
Einen weiteren goldenen Glanz verleihen die liebevollen lyrischen Illustrationen von Jutta Mirtschin dieser Märchensammlung und erfreuen Kinder und Erwachsene gleichermaßen. Die Zuhörer waren sich einig, wenn Märchen so gelesen werden, wie es Róźa Domašcyna tut, sind es keine Märchen, sondern herrliche wahrhaftige Momente des menschlichen Zusammenlebens.

 

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