Bei Theodor Storm einfühlsames Erzählen erleben

Uwe Jordan liest Theodor StormGleichsam wie an einem Kamin scharten sich beim jüngsten Gesprächsabend im Hoyerswerdaer Kunstverein eine ansehnliche Schar der Verehrer und Verehrerinnen des Schriftstellers Theodor Storm um Uwe Jordan inmitten des Restaurants „Sambesi“ im Zoo Hoyerswerda.                                                                                            
Aus der großen Anzahl der Novellen des Meisters dieses Literatur-Genres hatte der immer wieder zu bewundernde Literaturkenner die Texte „Immensee“ und „Pole Poppenspäler“ ausgewählt. Sie seien in engem Zusammenhang - begründete Uwe Jordan seine Auswahl – zu Ereignissen im Leben des Dichters entstanden. Die Bindung des Schriftstellers an seine erste Ehefrau Constanze Esmarch, mit der er sieben Kinder hatte und die 1865 bei der Geburt einer Tochter starb, und zweite mit seiner Frau Dorothea Jensen 1866 hätte Storm in diesen beiden, stillen, nachdenklich machenden Novellen reflektiert die er bereits aus seiner Jugend kannte. Uwe Jordan las beide Texte ruhig, folgte damit dem Anliegen des Dichters, wie Lebenssituationen, die unvorhergesehen auftreten oder von böswilligen Zeitgenossen herbei geführt werden, bewältigt werden können, ohne sich und seine Partnerschaften zerstören zu lassen. Der Erzähler Storm urteilt nicht, sondern gewährt seinen literarischen Gestalten Handlungsspielraum, den sie ausschöpfen oder verlieren können. Ruhig, ohne zusätzliche Dramatik  nahm der Leser seine Zuhörer gefangen, so dass nach dem Verklingen des letzten Textes eine Pause des Nachdenkens einsetzte, ehe Beifall erscholl. Dem Vorleser bestätigten seine Zuhörer, dass er nicht nur durch seine ruhige Art zu lesen, dem Text die volle Wirkung verlieh, die der Dichter beabsichti8gt hatte. Bewundert wurde auch die gut gewählten Kürzungen in den Texten, die nicht unbedingt für den Verlauf Handlung wichtig waren. Dabei bewies Uwe Jordan bewundernswertes dramaturgisches Geschick. Gelegentlich fasste er in einem kurzen einfachen Satz den Texte eines Nebengedankens zusammen, um dann sofort im Text des Dichters fortzufahren. In jedem Fall vermied er konsequent das Erläutern des Textes wie des Ablaufs der Handlung. Die Zuhörer verloren nichts von der Spannung, die Theodor Storm dem Texte verliehen hatte und konnten ihren eigenen Eindrücken folgen.                                                                            
Dieser Abend war dem Erinnern an den 200. Geburtstag des Dichters angemessen. Dem Vortragenden gelang – wie bereits bei allen seiner Literaturabende - dass die  Zuhörer nach Hause gingen, um zu den Büchern Theodor Storms zu greifen und sich von ihnen in dessen Welt entführen zu lassen. Staunend erkannten sie im eigenen Leben unserer Situationen oder erinnerten sich an Beobachtungen, die zwar zu anderer Zeit, aber auch im eigenen menschlichen Raum erlebt wurden. Kunst bedarf weniger des Kommentars als gemeinhin oft gedacht wird. Aber sie schärft die Sensibilität für einen menschlcihen Umgang miteinander, auch im Alltag. Die Abende diese Reihe mit Uwe Jordan schenken - außer dem Vergnügen ihm zuzuhören - die unausgesprochene Einladung, aufmerksamer durch Welt zu wandern und die geschenkte Zeit des eigenen Lebens zu anregendem Gespräch zu nutzen.                                                                      

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