Große Kunst ist verwandeltes Leben

Selbstbildnis Otto Niemeyer-Holstein 1970Lesung mit Helene und Martin Schmidt in einer Ausstellung von Otto Niemeyer-Holstein ( 1896-1984) im Schloss Hoyerswerda

Wenn ein Maler etwas über sein Werk erzählen soll, wird es schwierig. Denn alles, was er weiß und empfindet, hat er bereits mit und in seinen Bildern zum Ausdruck gebracht. Allerdings gibt es bei Otto Niemeyer-Holstein Ausnahmen, wenn er sein Tabu bricht und Gäste in sein Atelier einlädt, was er sinniger Weise auch Tabu nennt. Und wenn er dann sein Herz gleich mit öffnet, entsteht eine spannende Biografie. Achim Roscher muss schon ein guter Freund gewesen sein, dass Otto Niemeyer Holstein - ONH- ihm sehr genaue und emotionale Einblicke in sein Leben gestattete. Achim Roscher gab der daraus entstandenen Biografie den Titel "Lüttenort - Geschichten aus dem Leben Otto Niemeyer-Holsteins", allein dies umfasst schon den wesentlichen Teil des Lebens von Otto und Annelise Niemeyer-Holstein in dem von ihnen gegründeten Dorf Lüttenort auf Usedom. Niemeyer-Holstein ist ein guter Erzähler, allerdings, wenn man genau hinhört, über die Beweggründe für seine Bilder sagt er nichts, das müssen die Betrachter schon selbst herausfinden..
In Hoyerswerda ist er kein Unbekannter. 1979 stellte der Freundeskreis der schönen Künste und Literatur in der "Kleinen Galerie" Grafiken des Künstlers aus und hatte das Vergnügen, Otto Niemeyer-Holstein im Gespräch zu erleben. Gudrun Otto, die Malerin aus Hoyerswerda, kennt ihn von vielen Besuchen in Lüttenort, sie erfuhr sehr früh von den Grundsätzen nach denen ein Maler die Welt sehen sollte, die Helene Schmidt auch für ihre Lesung ausgewählt hatte. "Ein Maler sollte seine Leinwand nicht mit Zufälligkeiten bedecken, er sollte erst mit dem Malen beginnen, wenn er genau weiß, was er will. Greifen Sie nicht alle Probleme auf einmal auf, sondern schön der Reihe nach. Kopieren Sie nie die Natur, wählen Sie unter den Elementen, die sie Ihnen anbietet. Ein Farbton ist nur dann schön, wenn er der Eingebung entstammt. Beherrschen Sie die Leinwand, statt ihr zu gehorchen. Verlassen Sie sich auf ihr eigenes Gefühl."
Aus teilweise persönlichem Erleben erzählt Martin Schmidt die Biografie des Künstlers. Otto Niemeyer wird 1896 in Kiel geboren, er geht 1914 als Freiwilliger in den Krieg und wird bei Warschau verwundet. Während der Genesung in der Schweiz, lernt er den Schriftsteller Werner Schulenburg kennen, der ihm unbedingt zum Malen rät. Seinem Namen fügt er nun seine Heimatlandschaft Holstein hinzu. Zu Fuß wandert er ins Tessin nach Ascona, lernt hier namhafte Maler kennen, besucht kurzzeitig die Kunstgewerbeschule in Luzern und belegt Malkurse bei dem impressionistischen Maler Arthur Segal. Bei ihm lernt er, die Natur in ihrer Bewegung wahrzunehmen. Später studiert er in Kassel, heiratet eine Sängerin, bekommt einen Sohn, Scheidung. 1923 begegnet er den Malern des Bauhauses in Weimar und den Malern der Berliner Sezessionen. Verschiedene Ausstellungen folgen.
1926 heiratet er Dr. Annelise Schmidt, die nie Meyer heißen wollte und jetzt Niemeyer heißt. Mit ihr und einem ausgedienten S-Bahn-Wagen zieht er 1933 nach Usedom, wo sie unter schwierigsten Bedingungen ein Stück Land erwerben, dass sie "Lüttenort" nennen und wo beide bis an ihr Lebensende bleiben werden. Ihr beider Sohn Günter wird 1936 geboren.
Geschichten, große und kleine Katastrophen, bringt Helene Schmidt zu Gehör. Auch die Geschichte der Ankunft mit dem Segelboot "Lütter" an der schmalsten Stelle auf Usedom, die Ostsee vorn und hinten der Bodden, wo nur eine uralte Weide zum Vertäuen des Bootes zu finden ist und wo mit viel Aufwand an Mitteln und Schweiß die beiden Niemeyers ein Refugium der besonderen Art entstehen lassen, Wohnhaus, Atelier und einen bewundernswerten, aus einer Einöde erschaffenen Garten. Viele Jahre ohne Trinkwasser vor Ort und ohne Strom gehörten dazu.
Heute kann das Anwesen als Atelier-Museum besucht werden, viele Bilder Otto-Niemeyer-Holsteins, von der Ostsee, vom Bodden, vom Garten, Selbstporträts und Porträts von Freunden und Künstlern sind zu bewundern und geben ein besonderes Flair. Hier kann jeder die wichtigsten Maximen im Leben des Malers nachempfinden: Das wichtigste Zentrum, das ein Künstler finden muss, liegt in ihm selbst. Große Kunst ist verwandeltes Leben.
Dieses Flair konnten auch die Zuhörer der Lesung inmitten der Ausstellung "Otto Niemeyer-Holstein – Ein Leben in Bildern" im Schloss Hoyerswerda durchaus spüren.

Helene Schmidt liest aus "Lüttenort - Geschichten aus dem Leben Otto Niemeyer-Holsteins"Otto-Niemeyer-Holstein: Meine Frau Gemüse putzendMartin Schmidt erzählt über das Leben von Otto Niemeyer-Holstein im Schloss Hoyerswerda, in einer Sonderausstellung des MalersBilder aus der Ausstellung "Otto Niemeyer-Holstein - Ein Leben in Bildern" im Schloss Hoyerswerda

 

 

 

 

 

 

 

 

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