Faszination, die von Büchern ausgeht 

Uwe Jordan liest beim Hoyerswerdaer Kunstverein von Jorge Amado "Der Gestreifte Kater und die  Schwalbe Sinhá". Die Erzählung wurde in viele Sprachen übersetzt.Uwe Jordan, Journalist bei der Sächsischen Zeitung, Hoyerwerdaer Tageblatt, stellt seit vielen Jahren beim Hoyerswerdaer Kunstverein literarische Kostbarkeiten aus allen Jahrhunderten vor. Heute: Jorge Amado (1912-2001).

Es war eine kleine Sternstunde der Literatur, die Lesung von Uwe Jordan zu Jorge Amados Erzählung "Der Gestreifte Kater und die Schwalbe Sinhá", eine Sternstunde, weil einfach alles in diesem Buch perfekt miteinander harmoniert. Geschrieben wurde diese kleine Liebesgeschichte "in einer Zeit, als die Tiere noch sprechen konnten", das war, als der Sohn des brasilianischen Schriftstellers Jorge Amados ein Jahr alt war, so wurde die Geschichte vom hässlichen Gestreiften Kater und der lieblichen Schwalbe Sinhá nicht für die Öffentlichkeit geschrieben, sondern aus Freude an dem kleinen Jão Jorge und aus Freude am Schreiben. Mit einer unbeschwerten Leichtigkeit der Sprache beschreibt Amado in wenigen Sätzen einen mit Licht durchfluteten, von vielen Tieren bewohnten Park, im Frühling, im Sommer, im Herbst und im Winter.
Der Gestreifte Kater und die Schwalbe Sinhá im SommerLeider wurde diese im Jahr 1948 geschriebene Geschichte von Jão Jorge erst 30 Jahre später zum ersten Mal gelesen und nun kommen zwei weitere Glücksfälle dazu, der Maler Carybé aus Bahia fertigt mit derselben Leichtigkeit die schönsten Illustrationen zum Text und Roland Erb übersetzt das Buch sehr sensibel und poetisch für den Verlag Volk und Welt ins Deutsche, bei dem es 1979 erscheint. Für Uwe Jordan eines der schönsten Bücher der Welt.
Die Geschichte vom Gestreiften Kater und der Schwalbe Sinhá erzählte einst die Morgenfrühe dem Vater Zeit, sie wiederum hatte sie vom Wind gehört, der in der ganzen Welt herum kommt und der Unk Cururu behauptet zu wissen, dass in der Sprache der Menschen keine Geschichte ihren Zauber bewahren kann, weil die Musik und die Poesie des Windes darin verloren gehen. Möglicherweise haben Musik und Poesie in diesem Buch ihren überirdischen Reiz dennoch bewahrt. So empfinden es auch die Zuhörer, die mit dem Gestreiften Kater förmlich mitleiden, wenn er in dem Park, der sein Zuhause ist, von allen anderen Tieren gemieden wird, weil er junge Vögel tötet und deshalb ein Verbrecher ist, was man ja schon an seiner gestreiften Kleidung sieht. Außerdem ist er hässlich, groß und dick, böse und mürrisch. Selbst die junge Schwalbe Sinhá, die ihn als einzige anlächelt, sagt ihm, dass er dick sei und noch dümmer als hässlich. Über das Hässliche kommen beide ins Gespräch, denn der Kater hält sich selbst für attraktiv und liebenswürdig. Immerhin billigt ihm die Schwalbe am Ende ihrer langen Gespräche zu, dass er zwar hässlich sei, aber immerhin sympathisch. 
Das ist im Frühling, der allerdings damit endet, dass die Eltern Sinhás ihre Tochter vor dem Kater retten müssen, denn ein Kater und eine Schwalbe, das geht schon von alters her nicht, ist die einhellige Meinung aller Tiere im Park, die unentwegt über das schändliche Benehmen der beiden tuscheln. Doch der Sommer bringt noch einmal eine Zeit des Glücks, Kater und Schwalbe streifen im Park umher und schweben zwischen Euphorie und bevorstehendem Unheil, denn die Angst vor dem Urteil der Allgemeinheit, die Kater seien die Todfeinde der Schwalben, wird immer bedrohlicher. Noch eine kurze Zeit trifft der Gestreifte Kater die Schwalbe Sinhá im Park, da ist es schon Herbst und das Zusammensein wird traurig und frostig. 
Der Gestreifte Kater im WinterBald kommt der Winter, Sinhá heiratet den Nachtigall und der Kater verlässt einsam den Park, mit einem Rosenblatt aus dem Hochzeitsstrauß und darauf eine Träne von Sinhá, die ihm leuchten wird in der Nacht ohne Sterne. Die Welt der Erinnerungen nährt den Gestreiften Kater noch für eine kurze Zeit, aber es gibt kein Glück, wenn die Zukunftsträume fehlen. 
Am Schluss bemerkt der sonst geschwätzig gegen den Kater psalmodierende Hochwürden Papagei nur ein einfaches Amen, wobei, wie es scheint, zum ersten Mal ein ehrliches Gefühl der Reue mitklingt.

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