Hören und Wandern mit einem Dichter

Ulrich Schacht liest aus seiner Novelle "Grimsey" beim Hoyerswerdaer KunstvereinAm Kamin im Schloß erlebte der Hoyerswerdaer Kunstverein ein Wiedersehen mit Ulrich Schacht. Bereits mehrere Male seit 2005 fesselte der Schriftsteller seine Zuhörer mit den Geschichten, die ihm in einem bewegten Leben begegneten. 1951 in Frauengefängnis Hoheneck bei Stollberg geboren, wo seine Mutter eine Strafe verbüßte, weil die junge Frau aus Wismar und ein Offizier der Roten Armee heiraten wollten, was nicht erlaubt wurde. Seine resolute Großmutter holte das Baby zu sich, bei ihr wuchs er auf. Nach Schule, Berufsausbildung, Studium, eigenem Gefängnisaufenthalt - da sich der Staat DDR von den Fragen des freimütigen Jugendlichen gefährdet fühlte – wurde er in dem anderen deutschen Staat Journalist, im geeinten Deutschland Schriftsteller, der in Schweden lebt. Ihm verdanken seine Leser mehrere Gedichtbände, dazu außer Reportagen “Die Hohenecker Protokolle“, den “Rückblick auf eine sanfte Revolution“, das bewegende Wiederfinden seines russischen Vaters: “Vereister Sommer“, und Berichte von zahlreichen Reisen auf Inseln der Nordmeere. Er bekennt, ein “Insel- Sammler“ zu sein. Ulrich Schacht liebt die Einsamkeit. Diese Leidenschaft bestimmte auch das Gespräch am Kamin, das der Dichter mit einer Lesung der Novelle „Grimsey“ einleitete. Er führte die Zuhörer über die kleine, zu Island gehörende Insel, sie ist nur 5,3 Quadratkilometer groß, auf ihr wachsen keine Bäume dafür bedeckt sie grünes Gras. 90 bis 100 Menschen bewohnen die wenigen Häuser – das Dorf - im Süden, langgezogenen Hügel geben ihr Struktur, im Norden bieten Felsklippen Niststätten für Möwen und andere Seevögel. Die wenigen Stunden zwischen der Ankunft des Kleinflugzeugs am Morgen und der Abfahrt des Schiffes am Abend genügten dem Dichter, um das stille Eiland zu umwandern. Eine kleine Kirche zog den Wanderer an. Hier wie auch draußen in der Natur sinnt der Reisende über das Leben auf der einsamen Insel nach, wie es deren Bewohner gestalten, die doch eingebunden in das Geschehen der Welt sind, durch sichtbare Zeichen - Fahnen von Ländern, Staaten und selbst Schlachten – zum Nachdenken einlädt. „Alle Philosophie beginnt am Meer im Garten , und die Religionen kommen in der Wüste zum Vorschein, in der Natur eben“, reflektiert Ulrich Schacht in seinem Buch “Kleine Paradiese“. Er findet angesichts und beim Erzählen von Grimsey seinen Nachklang und verlockte zu intensivem Gedankenaustausch zwischen Dichter und Zuhörern. Der anschließende lange, lebhaft anregend Dialog zwischen den Partnern unterschiedlicher Berufs- und Lebenserfahrungen verlor verständlicherweise nie die Realität aus dem Blick, vielmehr belebten sie diese. Da wurden die Verführungen jenes Denkens erkennbar, die ständiges Glück versprechen, das jedoch durch Blut und Leben Anderer erkauft werden muss, ohne es zu erreichen. Es wurde ein Abend, der nachdenklich stimmte, schon allein durch das gemeinsame Wandeln durch Zeiten und Denken. Ulrich Schacht fesselte seine Zuhörer durch die Schönheit seiner Sprachkunst, durch den Klang und durch den Zauber seiner Bilder von Natur, Landschaft, Menschen. Er forderte aufmerksames Schauen und Hören heraus und verlockte zum Staunen, dies ohne Appelle, nur durch Beispiel und Zuneigung. 

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